Von Venedigerschüsseln
und Opferkesseln
Dietmar Herrmann
Geheimnisvolle Sagengestalten streichen durch
das Fichtelgebirge, die in der Literatur ab dem 15. Jahrhundert
auch als Venediger, Venetianer, Walen oder Welsche bezeichnet werden.
Es waren kleine, zierliche Männlein, die verkleidet durch das
Land zogen, es verstanden, durch geheimnisvolle Kräfte oder
mit Wünschelruten nach Gold oder wertvollen Mineralien zu suchen.
Die "fündigen Örter" markierten sie an Felsen
und Bäumen und zeichneten sie in "Walenbüchlein"
auf. Das in den Fels gemeißelte Bildnis eines Stierhauptes
auf dem Ochsenkopf soll so ein Walenzeichen sein, im nördlich
darunter liegendem Schneeloch sollen Venediger nach Gold gegraben
haben. Auch der "Venedigerstollen" beim Weißmainfelsen
zeigt noch heute die Stelle, wo nach wertvollen Metallen gesucht
wurde. Der erste Beschreiber des Fichtelgebirges, Matthias von Kemnath,
berichtet 1476 von solchen Venedigern, die als Bettler verkleidet
die wertvollen Erze suchten und nach Venedig brachten.
Auch wir haben uns auf die Suche gemacht, um weitere Beweise in
der Fichtelgebirgslandschaft für die Anwesenheit der Venediger
zu finden und sind dabei fündig geworden. Zur Suche angeregt
wurden wir von einer unveröffentlichten Chronik der Gemeinde
Ebnath, die uns Herr Heribert Reger in Fotokopie gegeben hatte.
In Grünlas (Gemeinde Ebnath) führt uns bei der kleinen
Kapelle der Weg (Rundwanderweg 3) in das Tal der Gregnitz. Dort
treffen wir auf den Wanderweg (weißes Feld, blaues Kreuz)
der in nördlicher Richtung nach Nagel führt. Diesem Weg
folgen wir nun, überqueren die Gregnitz auf einer kleinen Brücke,
gehen immer am Uferpfad bis zu einem Hinweisschild. Im Bachbett
der Gregnitz sehen wir dann eine Felsplatte mit zwei schüsselartigen
Vertiefungen und einer Abflussrinne - die Venedigerschüssel!
Die Überlieferung berichtet, dass in die kreisförmigen
Vertiefungen die goldhaltigen Steine gelegt und mit einem Stampfer
zerkleinert wurden. Mit dem Wasser der Gregnitz erfolgte dann das
Auswaschen der Goldkörner. Wenn sie diese ehemalige Goldwäsche
der Venediger aufsuchen wollen, dann empfiehlt es sich, die Stelle
nur bei Niedrigwasser zu besuchen, bei Hochwasser während der
Schneeschmelze oder nach einem Gewitterguss befindet sich die Venedigerschüssel
unter Wasser!
Die Venedigerschüssel im Bachbett der Gregnitz
bei Grünlas
Im Fichtelgebirge finden wir an verschiedenen
Felsoberflächen kessel- oder muldenartige Vertiefungen im Granit,
die im Volksmund Druidenschüsseln, Opferkessel oder Hexenkessel
genannt werden. Der Aberglaube in der Bevölkerung schrieb sie
den Druiden zu, jener keltischen Priesterkaste, die dort Tier- oder
Menschenopfer den Göttern dargebracht haben sollen. Leicht
zu finden ist so eine Druidenschüssel, die sich im Hochwald
hinter dem Rasthaus Silberhaus an der Fichtelgebirgsstraße
(B 303/E48) befindet. Wir gehen vom Silberhaus einige Meter auf
dem Höhenweg in Richtung Hoher Matze, biegen dann auf der ersten
Forststraße rechts ab und sehen dann nach kurzer Wegstrecke
auf der rechten Wegseite im Wald einen 2,5 m langen und 2 m breiten
Felsblock mit einem etwa 50 cm breiten und 30 cm tiefen Loch mit
einer Überlaufrinne - eine typische Druidenschüssel mit
Blutrinne für kultische Handlungen!
Diese Druidenschüssel liegt im Hochwald unmittelbar
hinter dem Rasthaus Silberhaus
Wer sich mit den vorgenannten Erläuterungen
nicht anfreunden kann, dem sei gesagt, dass es sich bei der "Venedigerschüssel"
um ein sog. Pseudo-Strudelloch handelt, bei dem die Kraft das Bachwasser
einen erheblichen Anteil an der Entstehung der unterschiedlichen
Vertiefungen hat. Bei der Entstehung der "Opferkessel der Druiden"
handelt es sich um eine besondere Form der Granitverwitterung durch
atmosphärische Einflüsse. Und wer sich mit der ganzen
Angelegenheit wissenschaftlich auseinandersetzen möchte, dem
sei folgende Literatur empfohlen:
Vollrath, Heinrich: Verwitterungs- und Abtragungsformen
des Granits im Fichtelgebirge, Der Siebenstern 1980, S. 71 und Vollrath,
Heinrich: Erosionsformen des Granits in Nordostbayern; 31. Bericht
des Nordoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts-
und Landeskunde, Hof/Saale 1984. Anschrift des Verfassers: Dietmar
Herrmann, Hofer Straße 36, 95632 Wunsiedel, dietmar.herrrmann@bayern-fichtelgebirge.de
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