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100 Jahre Kösseinehaus
Dietmar Herrmann

Die Kösseine ist ein bekanntes Bergmassiv im Hohen Fichtelgebirge und liegt im Nordosten Bayerns. Die höchste Erhebung des aus Granit bestehenden Bergstocks ist der Gipfel der Großen Kösseine mit 939 m ü.NN. Im Gipfelbereich der Großen Kösseine befindet sich ein großartiges Granit-Blockmeer, das mit einer Fläche von 15,8 ha unter Naturschutz gestellt wurde. Verschiedene Felsgruppen (Kleine Kösseine, Großer und Kleiner Haberstein, Burgsteinfelsen, Mühlstein, Püttners- und Jakobifels) sind geschützte Naturdenkmäler. Über die Kösseine verläuft die Grenze der Regierungsbezirke Oberfranken/Oberpfalz und die Europäische Hauptwasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Die dichten Wälder waren schon im 15. Jahrhundert ein beliebtes Jagdrevier der Bayreuther Markgrafen, die Forsten lieferten Brenn- und Bauholz für die umliegenden Orte, Granitabbau fand ab dem 15. Jahrhundert statt. Wegen der freien, weiten Aussicht nach allen Himmelsrichtungen ( Bayerischer Wald, Rhön, Thüringer Wald, Erzgebirge) war der Berg schon frühzeitig ein beliebtes Ausflugsziel, der Bekanntheitsgrad wurde 1805 durch den Besuch der damaligen Landesherrschaft wesentlich gesteigert.

Urkundlich wird die Kösseine erstmals am 7.3.1283 genannt, als weite Gebiete an der Kösseine („Choezsin“) an Herzog Ludwig den Strengen, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern übergehen. Ab 1542 (Caspar Bruschius „Des Vichtelbergs gründtliche Beschreibung“) bis zur heutigen Zeit erscheint der Berg in allen landeskundlichen Büchern und wird gerühmt wegen seiner hervorragenden Aussicht. Professor Dr. Adolf Gütter aus Lund/Schweden, einer der bekanntesten Namensforscher, deutet den Namen Kösseine als „Ziegenberg“ (slawisch Koza = Ziege).

Berühmte Besucher auf der Kösseine

1785 und 1820 kommt Johann Wolfgang v. Goethe in das Fichtelgebirge, schreibt wissenschaftliche Abhandlungen über die Granitverwitterung und fertigt von verschiedenen Felsformationen im Kösseinegebiet Zeichnungen an.
Vom 13.6.1805 bis zum 5.7.1805 befinden sich die damaligen Landesherren in (Bad)Alexandersbad. Am 17.6.1805 unternehmen Friedrich Wilhelm III. mit Gemahlin Luise sowie großem Gefolge einen Ausritt zur Kösseine, viele Zeitungen berichten darüber und fördern so den Bekanntheitsgrad des Berges.

Bedeutung der Kösseine für den Tourismus

Rund um die Kösseine befinden sich die Orte Wunsiedel, Marktredwitz, Bad Alexandersbad, Waldershof, Neusorg, Brand/Opf, Ebnath, Nagel und Tröstau, die zu den beliebtesten Fremdenverkehrsorten des Fichtelgebirges zählen. Sämtliche Orte haben in ihren Werbeprospekten die Kösseine (und das Kösseinehaus) als Ausflugsziel aufgenommen. Der Fichtelgebirgsverein e.V. hat durch ehrenamtliche Helfer 13 markierte Wanderwege mit unterschiedlicher Länge aus allen Himmelsrichtungen zum Kösseinegipfel angelegt. Einheimische und Urlaubsgäste nutzen das Wanderangebot und besuchen das Kösseinehaus bei einem Tagesausflug. Die Forststraße zum Haus ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt, nur zu Fuß kann man es erreichen. Das Kösseinehaus ist in das Hauptwanderwegenetz des Fichtelgebirgsvereins e.V. einbezogen. Der 50 km lange „Höhenweg“ bietet die Möglichkeit, den schönsten Wanderweg des Mittelgebirges in mehreren Tagesetappen abzuwandern, wobei in den Vereinshäusern übernachtet werden kann. Das Kösseinehaus liegt am Höhenweg und wird daher von Wanderern für Übernachtungen gerne angenommen. Das Haus kann heuer sein 100-jähriges Bestehen feiern und ist damit das älteste Unterkunftshaus des Fichtelgebirgsvereins.

Aus der Geschichte des Kösseinehauses

Es ist anzunehmen, dass der erste wetterfeste Unterstand auf dem Gipfel der Großen Kösseine bereits 1805 errichtet wurde. Das preußische Königspaar, Friedrich Wilhem III. mit Gemahlin Luise hielt sich in diesem Jahr vom 13. Juni bis 5. Juli in (Bad)Alexandersbad auf und unternahm mit seiner Begleitung am 17. Juni einen Spazierritt zu Kösseine, "einem Berge, der wohl eine der interessantesten Aussichten über die ganze obere Pfalz, bis in die Gegend von Regensburg und Nürnberg gewährt und erst mit Einbruch der Nacht kehrten kehrten sie von da wieder zurück". Dies berichtete am 27. Juni die Bamberger Zeitung. Für den Ausritt zur Kösseine wurde eigens ein Weg angelegt, der heute noch die Bezeichnung "Königsweg" hat. 1833 wird von einer Hütte auf der Kösseine berichtet, die auf dem höchsten Platz an eine Felswand angebaut war und mit Tisch und Bänken "hinlängliche Bequemlichkeit gewährleistete". Auch 1839 stand noch dieser Unterschlupf, nach dem damaligen Forstmeister Kadner als "Kadnerhütte" benannt. Revierförster Ludwig Seyler aus Furthammer hat dann 1851 ein neues "Wetterdach" bauen lassen.

Die Mitglieder der Sektion Fichtelgebirge des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins (Vorgängerin des FGV) bauten 1882 auf der Südseite des Gipfels eine gezimmerte Schutzhütte, die 80 Personen Platz bot und 241,32 Mark kostete. Die Steinsäulen der damaligen Hütte stehen auch heute noch dort südlich des Kösseineturms. Auch von einer Bewirtschaftung der Bergstation wird berichtet: es gab Bier, Backsteinkäse und Hartwurst. Wegen der ständig steigenden Besucherzahlen fasste man beim FGV den Entschluss zum Bau einer Blockhütte. 1898 und 1899 bildet die FGV-Hauptkasse je 600 Mark Rücklagen, von privater Seite wurden Spenden in Aussicht gestellt. Erst die außerordentliche Generalversammlung vom 16.3.1902 genehmigt den Antrag der FGV-Ortsgruppen Wunsiedel und Marktredwitz zum Bau des Kösseine nach den Plänen von Baurat Christian Winnerling aus Wunsiedel. Am 23.10.1902 wurde mit dem Forstärar ein notarieller Vertrag wegen Grundstücksüberlassung geschlossen, vor Wintereinbruch des Jahres 1902 war der Rohbau des Hauses vom Baugeschäft Köppel aus Marktredwitz fertiggestellt worden. (Baukosten 12.500 Mark, 1.000 Mark für Inneneinrichtung). Die Einweihungsfeier fand am 24.5.1903 statt. Schon bald planten die FGV-Ortsgruppen Wunsiedel und Marktredwitz einen Anbau wegen des starken Besucherstromes. 1912 wurde im Osten des Hauses eine Glasveranda auf massivem Unterbau errichtet (heute: Wunsiedler- und Marktredwitzer Zimmer). 13.000 Mark waren hierfür aufgebracht worden. 1955 wurde die Freiterrasse geschaffen und nach einem Brand im Dachgeschoss wurde 1977 der Übernachtungstrakt neu aufgebaut. Zahlreiche Reparaturen im Laufe der Jahrzehnte verschlangen erhebliche Geldmittel.

Im Juli 1997 übernahm Winfried Pfahler aus Wunsiedel als "FGV-Hüttenwart" die Betreuung des Kösseinehauses. Nach einer eingehenden Besichtigung des Hauses stand für ihn fest, dass eine grundlegende Sanierung bis zum 100järigen Hausjubiläum notwendig war. Es wurde ein Bauausschuss gebildet, dem folgende FGV-Mitglieder angehörten: Winfried Pfahler, Dietmar Herrmann, Gerhard Buth, Albert Jobst, Bruno Stöhr, Heinrich Henniger. Im März 1998 wurde gemeinsam mit der Frankenpost eine Spendenaktion ins Leben gerufen, an der sich viele Heimat- und Wanderfreunde beteiligten. Aber nicht nur Geld-, sondern auch Sachspenden von Handwerksbetrieben und Firmen verhalfen dem Bauausschuss und dem Hüttenwart zur Verwirklichung der Pläne. Das Vereinszimmer, Wunsiedler Zimmer und Marktredwitzer Zimmer, der Vorraum, der Hausflur und die Pächterwohnung konnten gründlich saniert werden. Für das Übernachtungsgeschoss wurde eine Etagendusche eingebaut und es wurden neue Betten angeschafft. Die FGV-Hauptkasse finanzierte den Neubau der Toiletten, den Bau einer frostsicheren Wasserleitung vom Pumpenhaus zum Unterkunftshaus und eine biologische Nachreinigungsstufe bei der Abwasserbeseitigung. Ein "Schindelkleid" aus Lärchenholz, einmalig im Fichtelgebirge, wurde von Mai bis September 2000 von freiwilligen Arbeitskräften unter Anleitung von Schindelmacher Adolf Fröhlich aus Ebnath in 750 Stunden an der Außenfassade des Hauses angebracht. Von 1998 bis 2001 wurden weit über 500.000 DM investiert, ohne die Sachspenden der verschiedenen Firmen und die ehrenamtliche Tätigkeit von Vereinsmitgliedern mitgerechnet. Die Renovierung des Kösseinehauses ist als eine großartige Gemeinschaftsarbeit von Fichtelgebirgsverein und von Firmen und Handwerker zu werten. Dazu kommt der ehrenamtliche Einsatz von FGV-Mitgliedern, voran von Hüttenwart Winfried Pfahler.


Autor: Dietmar Herrmann, Hofer Straße 36, 95632 Wunsiedel


Im Jahr 1839


Um 1896


Farblitho von 1900


Winter 1902/1903


Im Jahr 2002

 

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