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Der Rudolfstein hieß früher auch Rollenstein

Rudolf Thiem

Der Rudolfstein ist zweifellos eines der beliebtesten Wanderziele im Fichtelgebirge. Auf diesem 866 m hohen "Hausberg" von Weißenstadt, der allein schon wegen der imposanten Granitfelsen einen Besuch wert ist, stand eine Höhenburg, die 1317 als "Rudolfestein" erstmals urkundlich genannt wird. Die Erinnerung an diese alte Burg blieb erhalten, obwohl sie seit mehr als einem halben Jahrtausend nicht mehr besteht und nur noch geringe Spuren davon vorhanden sind. Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nannten viele Einheimische den Rudolfstein nur "Altes Schloß". Dagegen ist nur wenig bekannt, dass man den Rudolfstein früher auch Rollenstein nannte.

Erstmals wird der Name Rollenstein in einer Waldbeschreibung von 1571 genannt. (StA. Bamberg, Handschriftenband Grüne Collektaneen, C 18 1, Nr. 78.) In der "Neuen Birgischen Waidt Ordnung", ohne Jahr, wahrscheinlich 1573 (StA. Bamberg, C 2, Nr. 1283), heißt es unter "Der Untertanen Huth und Trifft anlangend" bei Francken: "Treibt und hüt an den Schloßperg-Rudolfstein und gegen den Rollenstein"; bei Pirck: "Treibt und huet am Rollenstein herfür biß zum Schloß Rudolfstein und herumb an den Pirckenbach"; bei Virst: "Huet hinauf an den Schauerperg, über den Pirckenbach, hinüber am Weeg, hiehinder under dem Alten Schloß und Rollenstein ..."; bei Vordorff; "Treibt in die Hamerleitten, in die Farmleitten, in Schurel, inn di Zeittelweyd, auch an Paurudl zwischen der Zeitelweyd und dem Rollenstein, item bej dem Pirckenpach". Aus diesen Hutbeschreibungen ist zu entnehmen, dass es sich beim Rudolfstein und dem Rollenstein um zwei verschiedene Örtlichkeiten handelte.

Der ältere Name ist ohne Zweifel Rudolfstein. Wie schon erwähnt, wird er erstmals im Hennebergischen Lehensverzeichnis von 1317 als Rudolfestein genannt. Kaspar Bruschius schreibt in "Des Vichtelbergs ... gründtliche Beschreibung", die 1542 erschienen ist, folgendes: "Die hohe Metz, der Kümenberg, der Schiferstein, der Plattenberg, die Farenleutten, der Nußhart, der Schneberg, welcher so hoch ist, das man auch vber das gantz jar schne droben findet, Daher er auch den namen hat, Wiewol man jn sonst den Schloßberg nennet, Darumb dz vor zeite ein gewaltigs Schloß, Rudolffstein genant, deß man noch etlich mauren von Burgstallen findet und sihet, darauffs gestanden ist. Welchs auch die Herrn von Eger zerprochen vnd zerstört haben, darumb das Edelleut darin hauß hielten, die ehe einem kauffman, der fürüber zog, dorfften zehen oder mehe gulden nemen, denn einem pettler einen heller geben." Bruschius erwähnt den Namen Rollenstein also noch nicht. Auch Christoph Philipp Göring schreibt in der von ihm 1676 verfassten Beschreibung des Richteramts Weißenstadt vom "Rudolphstein, worauf im vorigen Kriegsweßen die Untertanen zuweilen, doch nicht sicher, sich salviret". Er nennt den Rollenstein auch nicht.

Als erster schreibt J.Chr. Pachelbel, der viel von Bruschius übernommen hat, in seinem Buch "Ausführliche Beschreibung des Fichtel-Berges ...", das 1716 gedruckt wurde, nach der Beschreibung des Schneebergs: "Hart daran und zwar gegen Nord-Ost ist der Schloßberg, darum also genannt, weil vor Zeiten ein gewaltiges Raubschloß Rudolphstein (insgemein Rollenstein) genannt ... daselbst gestanden, wovon noch etliche Rudera vorhanden, welches auch die Herren von Eger zerbrochen und zerstöhret haben ... Es solle aber dieser Rudolphstein nicht zu gewinnen gewesen seyn, biß man eine unsägliche Menge Holtz, Reisig und brennende Materien zu Hauften gebracht, angestecket, und ihn also mit Feuer und Gluth bezwungen..." J.Th.B. Helfrecht schreibt in seinem Buch "Ruinen, Alterthümer und noch stehende Schlösser auf und an dem Fichtelgebirge", das 1795 erschienen ist: "Rudolph- oder nach der ehemaligen Volkssprache Rollenstein". In einer um 1735 wahrscheinlich von dem Wunsiedler Bergmeister J.G. Ullmann gefertigten Kartenzeichnung vom markgräflichen Amt Weißenstadt ist der Rudolfstein als Rollenstein bezeichnet. Johann Christoph Stierlein schreibt in seiner 1787 aufgenommenen und 1816 gezeichneten Ruinenzeichnung "Rudolphstein oder Rollenstein". Dagegen ist in der "Charte von den Fürstenthümern Bamberg und Bayreuth Oberhalb Gebürgs ... neu entworfen von C.F. Hammer, Major, 1807" (Beilage in: Camille de Tournon, Statistique de la Province de Bayreuth", Über das Fürstentum Bayreuth in napoleonischer Zeit), der Name Rudolphstein angegeben. Jetzt ist der Name Rollenstein nicht mehr geläufig.

Nach allem was man weiß, kann es nur so sein, dass der Rollenstein und der Rudolfstein verschiedene Örtlichkeiten waren, und dass der Name Rollenstein zeitweilig auf den Rudolfstein überging. Es muss sich bei dem Rollenstein um einen markanten Orientierungspunkt gehandelt haben, der aber selbst nicht Grenzpunkt war, sonst wäre er in einer Grenzbeschreibung genannt worden. In Frage kommt dafür der große Granitfelsen am Wanderweg zwischen der Wegspinne auf dem Rudolfsattel und den Drei Brüdern, der zumindest von weitem rollenförmig aussah. Er stand auf dem Gebiet des Amtes Weißenstadt, war aber nicht weit von der Grenze entfernt. Ob dieser markante Felsen wirklich der Rollenstein war, wird ohne nähere Ortsangaben nicht mit Sicherheit zu klären sein.

Über die Burg Rudolfstein geben die Urkunden wenig Auskunft. Im Jahr 1386 wird sie als "pruchliger paw" (=brüchiger Bau) bezeichnet und es ist von Instandsetzungen die Rede. Ob die Reparaturen durchgeführt wurden, ist nicht überliefert. (Literatur: Georg Krauss, Weißenstädter Heimatbuch, Weiden 1971; dort angegebene Quelle: StA. Bamberg, C 17 V, Nr. 6203.) Im Landbuch der Sechsämter von 1499 heißt es von der Burg nur: "... Rudolffstein, dem Slosß, das neulich zu verfallen ist, am Schneperg gelegen ..." Man kann sicher sein, dass die Burg Rudolfstein, als man sie nicht mehr brauchte, ohne Fremdeinwirkung von selbst verfiel. Das ging bei der damaligen Bauweise, bei der viel Holz verwendet wurde, in der exponierten Höhenlage ziemlich schnell.

Für die Nachricht von Kaspar Bruschius, nach der die Burgherren vom Rudolfstein Raubritter waren und die Egerer deshalb die Burg zerstörten, gibt es keine archivalischen Belege. Die Burgherrschaft Rudolfstein mit Weißenstadt und etlichen Dörfern war Reichs-lehen und gehörte um 1317 den Grafen von Henneberg, später dem Kloster Waldsassen und seit 1346 oder 1348 den Burggrafen von Nürnberg. Burgherren auf dem Rudolfstein waren die Herren von Hirschberg. Als Amtleute des Klosters Waldsassen und später der Burggrafen von Nürnberg bzw. Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth konnten sie es sich nicht leisten, Raubritter zu sein. Nicht jeder Ritter war ein Raubritter und nicht jede Ritterburg war ein "Raubnest". Die unbewiesene Nachricht von Bruschius ergänzt J.Chr. Pachelbel noch mit der phantasievollen Geschichte von der Bezwingung der Burg Rudolf stein durch "Feuer und Gluth".

Anschrift des Verfassers: Rudolf Thiem, Vordorfermühle, 95709 Tröstau

 

Beim Rudolfstein


Rudolfstein im Jahre 1716

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