Bayern-Fichtelgebirge >>> Zurück

Auf dem Gipfel des Waldsteins entstand vor 150 Jahren das erste Waldsteinhaus
Dietmar Herrmann

Gleich mehrere Häuser in exponierter Gebirgslage im Fichtelgebirge können 2003 auf ein Jubiläum aufmerksam machen. Das Kösseinehaus auf dem Gipfel der Großen Kösseine in 939 m über dem Meer feiert sein 100-jähriges Bestehen. Am 7. September werden die Siebensternler das Ereignis mit einer Sternwanderung zum Gipfelhaus gebührend feiern. Das Seehaus im Hohen Fichtelgebirge zwischen Platte und Nußhardt, das 922 m hoch liegt, kann auf eine 75-jährige Geschichte zurückblicken, wobei es hier schon seit dem Jahr 1762 wegen des Zinnbergbaus Vorgängerbauten gegeben hat. Im Rahmen des Seehaus-Sommerfestes am 20. Juli werden auch hier die FGV-Mitglieder das Jubiläum feiern. Und auf dem Gipfel des Waldsteins im nördlichen Fichtelgebirgshufeisen steht auf 855 m Bergeshöhe das Waldsteinhaus. Seine Ursprünge gehen auf das Jahr 1853 zurück, vor 150 Jahren wurde dort das Forsthaus „Hospiz Waldstein“ errichtet. Von dem ursprünglichen Gebäude ist jedoch keinerlei Bausubstanz mehr vorhanden, allein der Brunnen an der Nordseite des jetzigen Gebäudes erinnert an die Gründungszeit. Das Forstamt will hier, wie bereits berichtet, am 9. und 10. August mit Feierlichkeiten und Aktionen auf das Jubiläum aufmerksam machen.

Der verdienstvolle Heimatforscher und FGV-Kulturpreisträger Karl Dietel aus Münchberg hat die Geschichte des Waldsteins und die der Bauwerke auf dem Gipfel erforscht und die Forschungsergebnisse in der FGV-Schriftenreihe „Das Fichtelgebirge“ im Jahr 1987 veröffentlicht. Das interessante Heft über den Waldstein ist leider vergriffen, ein Nachdruck durch den FGV erst für spätere Zeit vorgesehen. Die Frankenpost bringt deshalb mit Genehmigung des FGV einen Auszug aus der Hausgeschichte des Waldsteinhauses.

Als man sich im Zeitalter der Romantik auf die deutsche Geschichte besann, wurden die Burgen und ihre Ruinen gern besuchte Stätten, schreibt Karl Dietel. Es mehrten sich nun auch die Wanderer, die sich an der „wilden Romantik des felsenstarrenden Waldsteingipfels, seiner Aussicht und seinen Ruinen berauschten“. Das führte dazu, dass man um 1850 auf dem Waldsteingipfel im Vorhof der Burgruine Rotes Schloss beim Teufelstisch ein freundliches Jägerhäuschen erbauen ließ. Als der Besucherstrom immer stärker wurde, errichtete man gleich daneben „eine dauerhaft angelegte Hütte“ für den Aufenthalt der Gäste. Ein Holzhauer verabreichte dort nach Bedarf Bier.

1853 ließ der Staat unterhalb der Burgruine das „Hospiz Waldstein“ oder „Waldsteinhaus“ erbauen. Ein Waldaufseher fand darin seine Wohnung. Der Grundstein zu diesem Forsthaus wurde am 6. Mai 1853 gelegt und bereits am 8. August 1853 konnte der Neubau eingeweiht werden. Dieses „Hospiz“ hatte ein völlig anderes Aussehen als das jetzige Waldsteinhaus, es war im „gefälligen Schweizer Stil“ größtenteils aus Holz gebaut, es war also ein einstöckiges Holzhaus. Hier gab es dann auch wieder einfache Speisen und Weißenstädter Bier und eine bescheidene Übernachtungsmöglichkeit bestand ebenfalls. An schönen Sommersonntagen, so wird berichtet, veranstalteten Musikanten aus Münchberg, Schwarzenbach a.d.Saale und Hof abwechslungsweise Blechmusikkonzerte, die regen Zuspruch fanden. 1889 hatte dann der Staatsforst das Holzgebäude vollkommen umgewandelt in ein zweistöckiges gemauertes Bauwerk. Die unteren Räume wurden wieder bewirtschaftet, das obere Stockwerk diente dem jeweiligen Förster.

Die Eröffnung der Stichbahn Münchberg – Zell im Jahr 1902 brachte noch mehr Wanderer und Gäste auf den Waldsteingipfel und den Fichtelgebirgsverein auf die Idee, an das bestehende Forsthaus der Forstverwaltung einen Anbau zu errichten. Erst 1906 kam es mit dem Staat zu Grundstücksverhandlungen, am 2. Mai 1907 beurkundete der Notar den Grundstückskauf und am 21. Juni 1908, vor 95 Jahren also, konnte der fertige Anbau eingeweiht werden. Besondere Verdienste bei der Planung und Geldmittelbeschaffung für das FGV-Waldsteinhaus hatte sich die FGV-Ortsgruppe Münchberg unter ihrem damaligen Vorsitzenden Dr. Erwin Goller erworben. Nun standen zwei Häuser unmittelbar nebeneinander auf dem Waldstein, man sprach von einer „Zwangsehe“ und von Anfang an hatte der jeweilige Forstwart das Recht der Bewirtschaftung beider Häuser.

Machen wir einen zeitlichen Sprung in das Jahr 1964, als die im Altbau untergebrachte Forstdienststelle aufgelöst wurde und deshalb das Forsthaus zum Verkauf anstand. Noch 1964 übernahm der FGV das Forsthaus von der Oberforstdirektion in Bayreuth pachtweise und nach langwierigen Verhandlungen konnte am 27. Dezember 1965 der Kaufvertrag über den staatlichen Teil des Hauskomplexes geschlossen werden. Nun war der Heimatverein Grund- und Hausbesitzer über das gesamte Areal auf dem Waldstein geworden.

Ein Haus in einer extremen Lage erfordert naturgemäß auch erhebliche Geldmittel für Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten. Die letzten große Investitionen in Millionenhöhe wurden vom Heimatverein ab 1991 getätigt. Zunächst wurde das Waldsteinhaus an die öffentliche Abwasseranlage der Marktgemeinde Zell durch einen 1,9 km langen Kanal angeschlossen. Umfangreiche Bau- und Sanierungsarbeiten fanden dann 1992/93 statt. Die beiden ursprünglichen Einzelhäuser wurden durch den Neubau des Mitteltraktes zusammengefügt, wobei der Eingangs-, Küchen- und Toilettenbereich sowie die Gasträume im ehemaligen Forstgebäude neu gestaltet wurden.

Dietmar Herrmann, Hofer Str. 36, 95632 Wunsiedel

Bayern-Fichtelgebirge