75 Jahre Seehaus – Rückblick und Vorschau Ansprache von Dr. Helmut Reinel am 20.07.2003 zum Jubiläums-Seehaus-Sommerfest Vollendet ist das große Werk! Der Schöpfer sieht`s und freuet sich. Wir durften mit unseren schwachen Kräften ein Werk vollbringen und sehen es heute vor uns in der Vollendung. Dessen dürfen wir uns freuen und freudig bewegten Herzens reichen wir euch allen, liebe Freunde beide Hände. Seid willkommen hier oben! Heute und immerfort. Auf unseren Bergen ist man dem Himmel näher. Lasst den Alltag hinter Euch und kommt oft herauf. Herzlich Grüß Gott! Freuet Euch mit uns! Mit diesen Worten eröffnete, vor 75 Jahren, am 16.9.1928, der damalige 2. Obmann der OG Hof, Kaufmann Ruckdäschel, die Einweihungsfeier des Seehauses, mit solch überschwänglicher Freude. Er hatte auch allen Grund dazu: 1. Das Seehaus war im Sommer 1928 in drei
Monaten in einer Rekordzeit von 100 Tagen gebaut worden. Am 9. Juni
hatte man das alte Seehaus abgerissen, am 12.6. wurde der Grundstein
für das Neue gelegt. Richtfest feierte man an Johanni und am
16.9. fand die Einweihung statt. 2. Zur Einweihungsfeier hatten sich 1.500
Wanderfreunde bei schönstem Sonnenschein auf dieser Bergwiese
versammelt. 1.500 Wanderfreunde, damals zählte der FGV nur 7.000 Mitglieder; über 20 %, die sich mit dem FGV und mit dem gelungenen Bau identifiziert hatten, selbst beim Bau mitgeholfen, Anteilscheine zur Finanzierung erworben hatten. Mitgerissen von den anderen im FGV, der damals in vollster Blüte stand (1923 Asenturm; Backöfele auf dem Schneeberg, Turm auf der Kösseine, Bau des Flecklhauses war in Angriff genommen). In den nächsten Jahren wurde dieses Seehaus durch verschiedene Anlagen und Zubauten erweitert. Es würde zu weit führen, heute diese chronologisch darzustellen. Sie können es nachlesen in dem Beitrag von Alfred Rauh im letzten Siebenstern und in dem Bericht in der Frankenpost von Franziska Hanel. Ich möchte lieber auf die Sonderstellung des Seehauses eingehen. 1. Das Seehaus gehört zu den höchstgelegenen dauernd bewohnten Stellen in Franken. In Prospekten und Wanderführern wird es häufig als höchste Siedlung in Franken bezeichnet. Das ist nicht richtig. Die höchstgelegene Stelle ist das Kösseinehaus, nur wenige Meter höher. 2. Das Seehaus ist nicht das älteste
Unterkunftshaus des FGV – oder vielleicht doch? Das älteste
ist das Kösseinehaus, erbaut 1903. Dort feiern wir im September
das 100-jährige Jubiläum. Älter ist auch das Waldsteinhaus,
erbaut 1908 und schließlich der Asenturm, errichtet 1923.
Die Entstehung des Seehauses reicht bis in das
16. Jahrhundert zurück. Es waren Bergleute, die nach Zinn gruben
und sich dort ein wetterfestes Holzhaus errichteten. Es trug den
Namen „Zinnhaus“ und später „Zechenhaus“. Der Bergbau wurde
eingestellt und aus dem Zechenhaus wurde das „Seehaus“, benannt
nach dem Fichtelsee. Am heutigen Seehaus befindet sich eine Tafel mit der Inschrift hier weilte am 1. Juli 1785 Johann Wolfgang von Goethe. Dies geschah bei der ersten großen Goethewanderung von Wunsiedel über das Seehaus zum Ochsenkopf und zurück über den Schneeberg. Zwei Zeichnungen von Goethe von Felsgruppen am Ochsenkopf und am Schneeberg konnte man erst vor wenigen Jahren identifizieren. Im Tagebuch dieser Wanderung ist zu lesen, dass Goethe sich dort mit der Zinnwäsche befasste, viele Siebensterne entdeckte und das Wasser aus dem Seehausbrunnen vortrefflich schmeckte. Der Seehausbrunnen galt damals noch als die Quelle des Weißen Mains, der sich über die Zinngräben, vorbei an dem heutigen Seehausparkplatz bis nach Karches einen Weg suchte. Auch spätere Besucher des Seehauses waren in erster Linie Bildungsreisende, die hier vorbeikamen (Romantiker). Und erst vor einigen Jahren, als wir den früheren Bundespräsidenten Prof. Dr. Karl Carstens zu einer Wanderungen ins Fichtelgebirge eingeladen haben, um die Waldschäden in den Kammlagen zu demonstrieren, führte der Weg vom Schneeberg über den Nusshardt am Seehaus vorbei. Diesen Wegeverlauf wählten wir auch im letzten Jahr für den letzten Abschnitt der Wimpelwanderung des Sauerländischen Gebirgsvereins. 3. Interessant ist auch eine Broschüre des Verbandes der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine, in der insgesamt 130 Wanderheime in ganz Deutschland vorgestellt werden. Auf der Titelseite sind zwei FGV-Häuser abgebildet: das Seehaus und die Tauritzmühle. Offensichtlich hat dem Bundesverband das Bild vom Seehaus so gut gefallen, dass sie es als Titelbild verwendet haben. Unser Dachverband zählt insgesamt 550.000 Mitglieder, mit etwas über 20.000 hat der Fichtelgebirgsverein hinsichtlich der Mitgliederzahl nur einen Anteil von 4 %. Aber mit unseren Häusern nehmen wir einen der vordersten Plätze ein. Zehn der beschriebenen Wanderheime gehören dem Fichtelgebirgsverein und davon sogar sechs verpachtete Häuser, während von den anderen Vereinen vielfach nur Häuser mit Eigenbewirtschaftung am Wochenende beschrieben werden. 4. Nicht unehrerwähnt sei, dass unser Seehaus auf eigenen Grund steht. Dies haben wir unserem früheren geschäftsführenden Vorsitzenden Fritz Kreissig zu verdanken, der 1970 alles daran gesetzt hat, den Grund von der Staatsforstverwaltung zu erwerben, was heute unmöglich wäre. Damit sind uns hohe laufende Kosten für die Pacht und viel Ärger erspart geblieben. Stichwort: Nebennutzungsverordnung, Insider wissen, was ich damit meine. 5. Desgleichen wollen wir in Dankbarkeit gedenken unseres langjährigen, am Himmelfahrtstag verstorbenen Häuserreferenten Bruno Stöhr. Sein Einsatz wird besonders deutlich am Seehaus, wo wir uns immer wieder zu Besprechungen trafen, insbesondere in Verbindung mit dem Sanitäranbau. Er hat das Richtfest und die Einweihungsfeier im letzten Jahr organisiert, und sich insbesondere um Zuschüsse gekümmert. 6. Für jedes unserer Häuser gibt es einen Hüttenwart. Der Hüttenwart des Seehauses ist Richard Fischer, der das Haus seit dem 23.09.1956 wie sein eigenes betreut, also 47 Jahre, zunächst allein und dann mit seinem Sohn Franz. Beide betreuen das Haus und insbesondere die Anlagen der Stromversorgung. Sie kommen nicht nur hierher, um nach dem rechten zu sehen, sondern auch um selbst handwerkliche Arbeiten zu erledigen: ich denke an die Maurerarbeiten im Keller, die Beschaffung und Installation von Batterien für die Stromversorgung. Unser Hüttenwart ist übrigens der gleiche Jahrgang wie das Seehaus, Jahrgang 1928. Wie das Seehaus kann er heuer seinen 75. Geburtstag feiern. Es gibt kein anderes Haus, das so lange, fast ein halbes Jahrhundert von einem Mann betreut wurde. 7. Mein Dank gilt der gesamten Ortsgruppe Hof, die das Haus nicht nur gebaut, sondern auch 75 Jahre betreut, jährlich an dieser Stelle ein Sommerfest gestaltet, an das sich viele Besucher gerne erinnern. 8. Zum Seehaus führen mehrere Wanderwege,
es liegt im Schnittpunkt des Höhenweges mit dem Mittelweg,
es gibt keine öffentliche Zufahrt wie bei der Kösseine
oder beim Asenturm und es ist als einziges Haus nicht angeschlossen
an das öffentliche Stromnetz. Es liegt auf einer Insel, auf
einer Waldblöße mit allen Problemen, der Wasserversorgung,
der Entsorgung der Abwässer und der Energieversorgung. Das
Kösseinehaus wurde in den 60-er Jahren im Rahmen einer Großübung
der Pioniere an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Licht
auf die Kösseine! Ein solcher Einsatz der Bundeswehr ist heute
undenkbar. Eine Stromleitung vom Seehaus hinunter ins Tal nach Fichtelberg
würde 500.000 DM kosten. Die Planung für das Gesamtprojekt „Ganzheitliche Ver- und Entsorgung des Seehauses“ hat Prof. Brautsch von der Fachhochschule Amberg übernommen. Wir hoffen, dass dieses Projekt von der Bundesstiftung für Umwelt in Osnabrück entsprechend bezuschusst wird. Das Planungskonzept wird in den nächsten Tagen vorgestellt. Im Rahmen des Möglichen hat der Fichtelgebirgsverein
schon immer auf einen umwelt- und naturverträglichen Betrieb
gesorgt.
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