Bayern-Fichtelgebirge >>> Zurück

100 Jahre Kösseinehaus

Ansprache des FGV-Hauptvorsitzenden Dr. Helmut Reinel am 7.9.2003 bei der Herbst-Sternwanderung zum Kösseinehaus

Liebe Wander- und Heimatfreunde,

Zunächst Dank dem Hüttenwart Winfried Pfahler für die herzliche Begrüßung und die Vorbereitung dieser Sternwanderung zusammen mit dem Pächterehepaar Mulzer und unserem Hauptwanderwart Josef Leeb. Dank sodann den beiden Geistlichen für die Gestaltung der kirchlichen Feier an dem steinernen Altar unterhalb des Gipfels. Dank auch Ihnen allen, liebe Wanderfreunde, die Sie heute zur Kösseine gewandert sind.

Die Sternwanderung ist die erste Veranstaltung nach dem Deutschen Wandertag im Erzgebirge. Ich bedanke mich auch für die rege Beteiligung beim Deutschen Wandertag in Schwarzenberg. Im letzten Jahr waren ja Zehntausende nach Wunsiedel gekommen und in diesem Jahr mussten wir den FGV mit einer großen Abordnung in Schwarzenberg würdig vertreten. Die genauen Zahlen: 387 vom FGV waren im Festzug dabei, dazu die Wimpelgruppe mit 25 Teilnehmern. Am Wegesrand standen dann nochmals 200 Zuschauer aus dem Fichtelgebirge, insgesamt waren wir mit 600 Fichtelgebirglern vertreten. Eine große Abordnung des FGV hat also zur Vertiefung der Partnerschaft zwischen Erzgebirge und Fichtelgebirge beigetragen.

Nun zum 100-jährigen Jubiläum des Kösseinehauses. Die Kösseine ist ein ganz besonderer Berg, das Kösseinehaus eist die höchste ständig bewohnte Stelle im Fichtelgebirge und in ganz Franken. Der Asenturm auf dem Ochsenkopf ist zwar der höchste Arbeitsplatz, aber abends gehen dort die Lichter aus. Im Kösseinehaus wird es dann erst richtig gemütlich, bei einem Hüttenabend, und dann kann man hier übernachten. Das Pächterehepaar hat hier seinen Arbeitsplatz, wohnt hier und lebt hier. Die Kösseine ist nicht der höchste Berg des Fichtelgebirges, aber der Berg mit der besten Rundsicht über die innere Fichtelgebirgshochfläche, zu den höchsten Erhebungen vom Kornberg über den Waldstein bis zum Zentralstock, die Berge um Warmensteinach, die Neusorger Senke zum Steinwald und weit darüber hinaus zum Oberpfälzer Wald und zum Fränkischen Jura, Elster- und Erzgebirge. Dreizehn markierte Wanderwege führen auf den Gipfel der Kösseine, vom Höhenweg zweigt hier der Steinwaldweg ab, der durch das südliche Fichtelgebirge bis Waldsassen führt. Die Kösseine ist kein Berg, der Regionen trennt, sondern verbindet. Er ist der Hausberg für Waldershof, Neusorg und Ebnath, Nagel usw. und alle umliegenden Orte mit rührigen Ortsgruppen des Fichtelgebirgsvereins. Ebnath und Nagel feiern wie das Kösseinehaus in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen, Waldershof wurde im letzten Jahr 100 Jahre alt. 1902 hat der FGV den Beschluss gefasst, auf der Kösseine ein Unterkunftshaus zu errichten. Der erste Antrag stammte 1895 von dem Wunsiedler Gründungsmitglied Dr. Tuppert.

Am 24. Mai 1903 wurde das Unterkunftshaus eingeweiht. Ich darf daran erinnern, dass der FGV 1888 mit der Stammortsgruppe Wunsiedel gegründet wurde, indem die zehn Jahre zuvor bestehende Sektion des Alpenvereins aufgelöst wurde. Als Erbschaft dieser Sektion übernahm der FGV u.a. ein hölzernes Aussichtsgerüst auf dem Kornberg und eine 1882 errichtete Unterkunftshütte mit Bewirtschaftung auf der Kösseine. Der neue Kornbergturm, 1900 eingeweiht, war das erste Bauwerk, dass Kösseinehaus das erste Unterkunftshaus. Von der ehemaligen Unterkunft des Alpenvereins sind auf der Kösseine nur noch einige Granitsäulen erhalten, von der ersten Unterkunft, der sogenannten Kadnerhütte, nach dem Forstmeister aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nichts mehr. Das Kösseinehaus ist also das älteste Unterkunftshaus des Fichtelgebirgsvereins.

Die wechselvolle Geschichte des Kösseinehauses mit allen Problemen darzustellen, würde zu weit führen. Dazu gibt es in unserer Schriftenreihe, 1993 erschienen, von Dietmar Herrmann eine umfassende Darstellung. Insofern haben wir heute auf eine eigene Jubiläumsschrift verzichtet. Erinnern möchte ich aber an alle, die in den hundert Jahren das Kösseinehaus als Pächter in unserem Sinne bewirtschaftet haben, an alle Hüttenwarte der betreuenden Ortsgruppen Marktredwitz und Wunsiedel. Wir wollen ihnen danken oder in Dankbarkeit gedenken, nicht zuletzt unseres erst vor kurzem verstorbenen Häuserreferenten Bruno Stöhr, der zusammen mit dem Baureferent Albert Jobst auf der Kösseine manche Probleme zu lösen hatte, insbesondere sich um die Beschaffung von Zuschüssen bemüht hat. Ich denke an die Hüttenwarte, die Wanderfreunde Sick, Kügler, Stamm und Dittmar. Dank gilt auch der Staatsforstverwaltung, der damaligen Mauth-Bräu und den Stadtwerken Wunsiedel. Erinnern möchte ich an das Lichterfest auf der Kösseine im Jahr 1969, als mit Hilfe der Bundeswehr eine 2 ½ km lange Stromleitung vom Tal zum Gipfel verlegt wurde. Heute würde eine solche Leitung nicht 50.000 DM, sondern 500.000 DM, also das zehnfache kosten.

Das letzte Kapitel dieser 100-jährigen Geschichte möchte ich überschrieben „Hüttenwart Winfried Pfahler und die Generalsanierung und –renovierung des Kösseinehauses in den Jahren 1997 bis 2001“. 1997 übernahm Winfried Pfahler die Betreuung des Kösseinehauses. (Anmerkung: Das Haus wird von keiner FGV-Ortsgruppe betreut sondern von einer Einzelperson; dies ist ein Beschluss des FGV-Hauptausschusses und er hat bestimmte Hintergründe). Winfried Pfahler war so begeistert von dieser Aufgabe, dass er alles daran setzte, das Haus so zu gestalten, dass es sich heute als besonderes Schmuckstück, als Anziehungspunkt für das gesamte Fichtelgebirge darstellt. Zum Jubiläum 2003 sollte es fertig sein, tatsächlich waren die Arbeiten schon zwei Jahre früher abgeschlossen, nicht zuletzt unter dem Druck des Deutschen Wandertags. 1997 und 1998 haben wir uns für den Wandertag beworben, also musste das Kösseinehaus 2002 fertig sein. Tatsächlich waren alle Arbeiten schon 2001 abgeschlossen, sodass wir noch im gleichen Jahr für den Wandertag auch noch den Sanitäranbau am Seehaus in Angriff nehmen konnten.

Für die Finanzierung der Renovierung des Kösseinehauses hat Winfried Pfahler die gesamte Öffentlichkeit mobilisiert. Keiner der umliegenden Orte wollte zurückstehen, es war ja ihr Hausberg. In vier Bauabschnitte wurde die Sanierung aufgeteilt: 1. Wasserversorgung, 2. Renovierung der Innenräume, der Übernachtungsräume und der Pächterwohnung, der Sanitäranlagen. In einem 3. Bauabschnitt konnte die Abwasserbeseitigung grundlegend gelöst werden und als 4. Bauabschnitt die Außenfassade. Eine Mannschaft mit sechs Wanderfreunden hat in 800 ehrenamtlichen Stunden die Schindeln gefertigt und selbst angebracht. Das neue Kösseinehaus ist ein Millionenprojekt, umgerecht 500.000 € hat das ganze gekostet. Und ich darf an dieser noch einmal für alle Sachspenden, persönliche Geldspenden, Institutionen, dem Landkreis, den Sparkassen, der Stadt Wunsiedel und den ehrenamtlichen Helfern danken. Insgesamt sind 4.880 ehrenamtliche Stunde bei der Sanierung des Kösseinehauses geleistet worden! Auch der FGV-Hauptverein hat einen erheblichen finanziellen Beitrag geleistet, immerhin 200.000 €. Diese Mittel waren vor allem notwendig für die Wasserversorgung, Abwasserkläranlage und im Sanitärbereich, wofür man in der Regel nicht mit Spenden rechnen kann, weil man sie später, nachdem das Geld in die Erde verbaut wurde, nicht mehr sieht. Im Gegensatz zu einem Kachelofen oder der Inneneinrichtung. Noch einmal herzlichen Dank allen für die großartige Gemeinschaftsleistung des Fichtelgebirgsvereins.

Das Kösseinehaus ist ganzjährig bewirtschaftet, jedermann, nicht nur FGV-Mitglieder, ist jederzeit herzlich willkommen und wird vortrefflich mit Speis und Trank versorgt und kann hier übernachten. Ich erwähne das ganz besonders, weil die meisten Wanderheime der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine nicht ständig geöffnet sind, meist nur für Selbstversorger am Wochenende. Der FGV hat auch etliche dieser Wanderheime zur Pflege der Gemeinschaft und Geselligkeit in den einzelnen Ortsgruppen. Das Kösseinehaus steht für jeden offen, nur etwa 20% der einkehrenden Wanderer sind in einem Wanderverein organisiert. Das Pächterehepaar hat hier einen festen Arbeitsplatz. Und wenn ich alle sechs verpachteten FGV-Häuser zusammenrechne, sind es zwölf Vollarbeitsplätze ohne Hilfspersonal. Insofern leisten wir als „kleines Unternehmen“ mit einem hohen Einsatz von ehrenamtlicher Arbeit auch einen Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen und letztlich für unsere Tourismuswirtschaft.

Das Kösseinehaus liegt mitten in einem Naturschutzgebiet, das aber nicht durch die Besucher gefährdet wird, eben weil für eine entsprechende  Lenkung der Besucher und eine umweltgerechte Entsorgung gesorgt wird. So gesehen verbinden sich auf unseren Häusern die Anstrengungen zur Förderung des Tourismus mit den Forderungen des Naturschutzes, einer umweltgerechten Pflege dieser Anlagen. In diesem Sinne wollen wir auch künftig das Kösseine erhalten und betreuen, zur Förderung des Tourismus in der freien Natur einerseits und zur Erhaltung einer sauberen  Umwelt.

Und ich darf schließen mit dem Wunsch von Forstmeister Dr. Behringer, dem damaligen FGV-Hauptvorsitzenden in seiner Festrede bei der Einweihung des Kösseinehauses, „dass der Neubau dazu beitragen möge, unserem Fichtelgebirge jenen Rang unter den Deutschen Mittelgebirgen zu verschaffen, den es so sehr verdient“. Ich meine, mit der Generalsanierung des Hauses zum 100-jährigen Jubiläum und mit dem Deutschen Wandertag 2002 sind wir dieser Verpflichtung auch in unseren Tagen gerecht geworden.

 

Bayern-Fichtelgebirge