Bayern-Fichtelgebirge >>> Zurück

Als man in Waldershof Weißbier braute
Summerer Josef

Schon in früheren Zeiten, besonders im Mittelalter, galt es für eine Gemeinde als große Ehre, das Recht des Bierbrauens zu besitzen, da dies für den Gemeindesäckel eine ausgezeichnete Einnahmequelle war. Deshalb wurde überall das Brauereigewerbe gehegt und gepflegt und die Herren Braumeister nahmen in der bürgerlichen Gesellschaft eine hervorragende Stellung ein.

Auch im ehemaligen stiftländischen Waldershof bestand das Recht, Braunbier zu brauen, schon seit dem Jahre 1463.  Es ist ein altes Klosterrecht, das Abt Nikolaus  IV. von Waldsassen seinen Waldershofer Untertanen gegeben hat. Man verstand auch, einen „guten Tropfen“ zu brauen und heute noch wird das Waldershofer Zeigelbier allgemein hochgeschätzt.

Mit diesem Recht des Braunbierbrauens allein waren aber die Waldershofer Bürger Mitte des 18. Jahrhunderts nicht mehr zufrieden. Sie wollten damals genau wie die umliegenden größeren Orte Wunsiedel, Redwitz, Tirschenreuth usw. das Recht,  Weißbier  herstellen zu dürfen. Deshalb reichten der Bürgermeister und Rat am 7. Januar 1764 diesbezüglich ein Gesuch an die zuständige Stelle ein, mit der Hauptbegründung, dass in Waldershof das Braunbier wegen mangelnder und schlechter Kelleranlagen immer leicht verderbe und deswegen die Einwohner trotz des verschärften Verbotes ihr Bier vom   „Auslande“, nämlich vom markgräflichen Leutendorf und Dörflas oder vom egerländischen Grenzmarkt Redwitz einschmuggeln würden, was selbstverständlich für das Ungelderamt Waldsassen von allergrößtem Schaden sei. Außerdem fügte man bei, bleibe der gebaute Weizen, welcher sonst regelmäßig in benachbarte  „ausländische“  Bezirke geschwärzt würde, im eigenen Lande und fände zur Erzeugung von Weißbier eine gute Verwendung.

Dieses diplomatisch abgefasste Gesuch hatte aber nicht den gewünschten Erfolg; es wurde am 30. Mai 1766 zum Leidwesen der Waldershofer Einwohnerschaft von der Hofkammer in München abgelehnt.  

Doch im Gemeinderat saßen seinerzeit Männer, die nicht gleich bei einem Misserfolg die Flinte ins Korn warfen. Gesuch auf Gesuch um Genehmigung des Weißbierbrauens mit teils wahrheitsgetreuen, teils an den Haaren herbeigezogenen Begründungen sandte man ab, als endlich am 26. Juni 1786 die kurfürstliche Rentkammer in Amberg die gewünschte Konzession erteilte.  Nach 22jährigem Papierkrieg hatte man das Ziel erreicht. Schon am 6. Juli 1786 legte der Marktrat Waldershof der Amberger Rentkammer eine Weißbierbrauverordnung vor und noch im gleichen Jahre wurde zur Erquickung der durstigen Kehlen sechzehnmal das ersehnte Weißbier gebraut.

Da der Marktrat nicht nur auf seine Kosten das Weißbierbraurecht ausübte, sondern auch das schäumende Nass zugunsten der geldbedürftigen Gemeindekasse verzapfte, richtete man im Rathaus  die Ratsstube, die zwei Fleischbänke und auch den Keller als Schankräume ein.  Das Geschäft blühte. Oft kam es vor, dass unentwegte Zecher die ganze Nacht bis zum Morgengrauen ihre bierphilosophischen Sitzungen hielten. Allerdings kam es öfters bei erhitzten Gemütern wegen Meinungsverschiedenheiten zu unliebsamen Raufereien und Schlägereien. Man verstand jedoch solche Vorkommnisse sehr gut zu verheimlichen, zumal der klösterliche Richteramtsdiener kein Recht besaß, in den Schenkstuben die Polizeigewalt auszuüben. Dennoch aber kamen verschiedene solcher Ausschreitungen dem Abt des Klosters Waldsassen zu Ohren. Deshalb sandte er am 10. Oktober 1786 an den Marktrat Waldershof eine geharnischte Beschwerde, worin es heißt, dass die Ratsstube, worin die  „heilige Justiz administriert“  werden solle,  „zur Zech- und Saufstube“  gemacht worden sei. Es wurde die sofortige Entfernung der Weißbierschänke aus dem Rathause verlangt, widrigenfalls mit strengen polizeilichen Mitteln gegen den Marktrat vorgegangen werden müsse.

Dieses nicht misszuverstehendes Schreiben brachte dem Marktrat und der trinkfreudigen Bürgerschaft zunächst einige schlaflose Nächte. Man beriet lange hin und her, wie man am besten aus dieser Misere davonkommen könnte. Da ein Aufgeben als Blamage aufgefasst wurde, so beschloss man aber halsstarrig, dem Kloster die Zähne zu zeigen und alles beim Alten zu lassen. Ja, man ging sogar so weit, dem vom Kloster nach Waldershof beorderten Braumeister Möglinger  vom Dienst zu entlassen, weil er angeblich schlechtes Weißbier braue. Nun griff auch der Oberungelder Karl Dorner  von Waldsassen in diese Angelegenheit ein. Da die Bierschänke im Rathause beibehalten wurde, berichtete er diese Dickköpfigkeit an die kurfürstliche Regierung. Er bezeichnete den damaligen Bürgermeister Schaller „als einen zu gewissen Mondzeiten tollkühnen und rebellischen Menschen“.

Auch der entlassene Braumeister Möglinger half eifrig mit, die Waldershofer zu verdächtigen und Öl ins Feuer zu schütten.

Nun wurde der Waldsassener Oberungelder Karl Dorner von der kurfürstlichen Regierung beauftragt, den Braumeister Möglinger und den gleichfalls entlassenen Brauknecht Schricker wieder in ihr Amt einzuführen, was aber der „gewaltsame und herrschsüchtige“ Bürgermeister verhinderte. Und als Dorner den Bierzeigl vom Rathause entfernte, schänkte der Marktrat trotzdem im Rathaus weiter, und zwar - wie Dorner seiner Regierung berichtete - „zum Spott, Trotz und Hohn der hochgnädigen Anbefehlungen“ sogar in dem im Rathause befindlichen Schulzimmer. Er forderte für die widerspenstigen Waldershofer  „militärische Jäger zur Beitreibung“, Arrest bei Wasser und Brot und sogar Arbeitshausstrafe bei weiteren Widersetzlichkeiten.

Die kurfürstliche Regierung war aber nicht so heissspornig und griff nicht zu den vom Oberungelder  Dorner gewünschten Mitteln, sondern überließ ruhig die Beilegung dieses  „Weißbierkrieges“  dem Kloster Waldsassen.  Diesem gegenüber erklärte der Marktrat, dass alle Waldershofer Bürger geschlossen hinter ihrem hochverehrten Bürgermeister ständen, was auch durch 103 Unterschriften bestätigt wurde. So zog sich der Streit Monat zu Monat hin bis zum Jahre 1788. Er endete damit, dass der Bürgermeister Schaller seines Amtes enthoben wurde und die Marktgemeinde 22 Gulden 35 Kreuzer Unkosten bezahlen musste.

Jetzt wurde das Weißbierbraurecht an einzelne Bürger verpachtet, so dass die Schenkstuben von selbst aus dem Rathaus verschwanden. Und als man 1828 dann die Konzession an ein Kuratorium in Pacht gab, fand das Weißbierbrauen in Waldershof allmählich sein Ende, worüber die Braunbierbrauer keine einzige Träne vergossen haben sollen.

Literatur: Heimatbuch der Stadt Waldershof .
Quelle: Archiv Josef Summerer, Hard. Zeitungsbericht aus:  
„Marktredwitzer Tagblatt / Bayerische Ostmark“ verm. 1941.
Dieser Aufsatz wurde in der Vereinszeitschrift des Fichtelgebirgsvereins „Der Siebenstern „ Heft 2/2002, Seite 77-78 abgedruckt.

Bayern-Fichtelgebirge