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Erste Beschreibung des Fichtelgebirges im Jahr 1476

Dietmar Herrmann

Die erste Beschreibung des Fichtelgebirges stammt aus dem Jahr 1476 von Matthias von Kemnath, dessen vollständiger Name Matthias Widmann ist. Geboren wurde er am 23. Februar 1429 in Kemnath (Landkreis Tirschenreuth, Regierungsbezirk Oberpfalz), gestorben ist er am 1. April 1476. Er war Historograf, Astrologe, Dichter, Humanist und fürstlicher Kaplan am Heidelberger Hof des Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich I. des Siegreichen. Bis zu seinem Tode schreibt Matthias von Kemnath die „Chronik Friedrich I.“, wobei er dem Fichtelgebirge mehrere Seiten widmet. Es ist dies die erste ausführliche schriftliche Beschreibung des Gebirges mit Hinweisen auf Land und Leute. Sie muss kurz vor dem Tode des Matthias von Kemnath entstanden sein.

Der Textabdruck erfolgt in dem damaligen Schreibstil, evt. Klarstellungen oder Erläuterungen wurden kursiv in Klammern gesetzt.

„Nun kome ich wieder uff das landt Beiern und Nortgau, Norica genant. Davon sagt und schreibt Ruffus Sextus der historischreiber der Romer, wie Octauianus das Nortgau bezwungen hatt mit andern anstossenden landen und alles das an die Thonau (=Donau) das wasser stost, das er zu latin Histrum und Danubium nennt, auch under Julio Octauiano Cesare Augusto wart gewonnen, was über das gebirg ligt und das Nortgau, desgleichen Schwoben, als Julius selbs beschreibt in dem buch, das da Commentaria Cesaris heisst, und die landt wurden gewonnen durch den haubtrmann Marcum Drusum, der auch Augsburg gewan, die vor Vindelicia hatt gehissen, und ich finde auch, das das Behamer landt (=Böhmerland) ehe dan Zecho und Lecho das bezwongen und nothigten, besetzt ist gewesen mit dem Volk von Beierlandt und ist gantz deutsche gewest und der behamische waldt hat zu latin, als strabo schreibt, Silvua Hercina geheissen, und were gruntlich die warheit von Schwoben, Beiern, Nortgau und Beham will wissen, der lese Strabonen den krichissen buchschriber inn dem siebenden buch, das do genant ist Geographia Strabonis. Der hoit gelebt zu der Zeit Augusti Cesaris und der gibt ine ettwan vil wunderlichen nomen, und ich will die histori hernach ein wenig beruren und will hier setzen ettlich wasser, stedte und berg, die in Beiern sint und uff dem Nordgaue, dan, so ich ein Beier geborn bin, hab ich lieb darzu und besonderlich, so pfalzgraue Friedrich ein herre von Beiern ist, und merck das also:

Ein bergk, hoch, weitt, wolbekant ligt in Beiern, gnant der Fichtelberg, der ist halb des pfalzgraffen und halb des marggraven von Brandenburg. Der ist nit wegsam, dan niemant kann noch weiss den bergk zu gehen, dan allein die zingraber und schindelmacher und desgleichen, dan man den bergk muss gehen und steigen uber gros ronnen, tannen, stein und fule gros baum. Und der berck sint zwen und sint das die stedte, die daran allenthalben stossen. Kemnath in der Flednitz, Wonsidel, Wissenstadt, Berneck, Weidenberg etc. Uff dem Berg sind fast mechtige, gros felssen, die scheinen, als weren sie silberin oder zinen ja durchaus und mann findet do fast hubsche, blohe farbe. Man grebt auch zinn do. Es gefallen aus der massen hubsch gros citrin do, cristallen, iris, crisolitus, weisse saffier, magneten, vil granaten, die allerschonsten grossen topasion, amatisten und vil ander manicherlei stein, die ich do selbs einstheils do gefunden hab. Es gefelt do isenerzt, goltertzt, silberertze, bley, zienn und vil ander mehr. Man findet darauff schirell, das man rhenisch gold nennet, item darauf findet man leut, die do in bettlers wiese daruff von Venedig gehen, und dragen den schirel in schulsegken hinwegk und ettlich, die man gefangen do hoit und genotigt zu sagen, die sagten, so sie der seck einen vol gene Venedig brechten, so gult er ine funffzig gulden, dan allein die Venediger das rhenisch golt konnen rechtr schmelzten und zu gut bringen.

Der bergk ist vast hoch und weidt, und ich glaube, und ist ware, das er am hochsten in deutschen land dem lant noch ligt. Das merk hie eben: am hochsten uff dem einen berg, do ist ein großer sehe, aus dem sehe fliessen vier schiffreich wasser kreuzzweis in die welt. Das sind die: der Mein, die Nabe, die Sale, die Eger, und wirt ware von dem berg gesungen, das do laut: mens impletur gratia; dan in dem wort mens werden begriffen die vier wasser, dan M bedeut den Moyanum, das ist der Mein, E bedeut die Eger, N bedeut die Nabe, S die Sale. Es gehen auch sunst vil bech und ettwan grosse wasser aus dem bergk, die ich itzt nit nennen kann, als die Rednitz, Pegnitz, Rotmain aus etc. Es sein auch fast freischem thier an dem berg, als grosse bern, wolff, lugs, hirtz und desgleichen. Man findet daran morder, pock, ketzer von Beham, sternenseher, astrologi genant, als meister Niclas von Fichtelberg. Der buwet ein haus daruff, dan sunst kein haus daruff ist und vast in weiten kein mensch wont. Der sternenseher hoit vil weissgesat von dem berg und ermeint, es sol in ettlichen jaren darzu komen, das ein statt da gebuwet sol werden grosser dan Collen am Rhein, die do agrippina hoit geheissen. Unseglich vil wunders ist an dem berg und ich bin von wunderswegen mit einer geselschaft uff den berg gegangen und gestigen und habe die ding gesehen und do helffen erzt graben und blohe farbe und probiern. Und wer den berg beschauen will, der muss kuntleut haben und speis und feuer mit ime nehmen, dan der berg kann man nit reiten. Auch so ist der Fichtelberg weidt umb sich und die forster und zinner sagten, er hett sechs grosser meiln umb sich und er ist hoch, yedoch nit gehling hoch. Item der sehe uff dem berg uberfreust den winter nit, so sihet man kein vogel daruff, auch kein fisch. Und mercke hie: ehe dau du zu dem sehe komest, so waget der berg ein viertheil einer meile oder mehr, als woltestu versinken, und mit forcht geht man zu dem sehe. Und der bergk hoit die grosten baum, die ich je gesah, als fichten, forchenbaum, thannen, ahornen. Wer den berg besiht, der verwundert sich. Er hat vast vil schecht und ertzgruben, die man vor vil jarn gebuwet hoit. Item ettliche dorffer, die umb den berg ligen, die verschneidt es mit schne zu stunden, also das die leut, die darin wonent, hungers sterben und verderben mussen, und mussen uff dem schne uff reiffen gehen. Und entlich ist es nit alles zu schreiben, was wunders uff dem berg ist. Und nit vast weidt von der gegent des bergks, gene mittentagwartz fecht an der Nortgau, als die statt Amberg, Sultzbach, Amerpach, Kastel, das closter, do die fursten vom Nortgau gewonet haben. Dessgleichen Regensburg, die statt hoit Norix Herculis sone zum ersten gebauet. Ander namhafftig stedt in Beiern sind die, und will bei dem Fichtelberg anfahen: Wonsiedel, Kemnat, Eger, Neuenstatt, Rauchenkulm, Bayrreut, Krusen, Greuenwerdt, Eschenbach, Weiden, Neuenstetel, Pleistein, Pernau, Felsen, Hersbruck, Lauff, Nurenberg, Auerbach, Neuenmarck, Eistetten, Tursenreuth, Elnpogen, Neunburg, Cham, Nappurgk, Geismonchen, Schonsehe, Konigsberg, Purcklengenfeldt, Stuaff, Kelham, Strubing, Teckendorff, Ingelstatt, Dietfurt, Pledling, Altach, Landau, Dingelfing, Landshute, Mosburgk, Friesingen, Monchen, Mittenbald, ....Item gantz Osterreich hoit zu dem Beierlandt gehort, desgleichen Behamer landt. ..

Literaturhinweise:

Hofmann, Konrad:

Quellen zur Geschichte Friedrichs I. des Siegreichen; Aalen 1969
Studt, Birgit:
Der Heidelberger Hofhistoriograph Matthias von Kemnath und seine Chronik; Kemnather Heimatbote 1992, S. 4-9

Literaturstandort:

Bibliothek im Haus des Fichtelgebirgsvereins, Theresienstraße 2, 95632 Wunsiedel

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