Bayern-Fichtelgebirge >>> Zurück

Aus einem 600 Jahre alten Rainungsprotokoll zwischen Kösseine und Fichtelsee
Dietmar Herrmann

Im Band VIII Nr. 403 der Urkundesammlung „Monumenta Zollerana“ befindet sich eine Grenzbeschreibung des „Stadtwaldes zu Wunsiedel“. Der nun über 600 Jahre alten Grenzbeschreibung ist zu entnehmen, dass das heutige Waldgebiet von Luisenburg und Burgstein schon damals der Stadt Wunsiedel gehörte. Das auf den 29. Dezember 1393 datierte Rainungsprotokoll beinhaltet vor allem den Waldbesitz der damaligen hohenzollerischen Burggrafen von Nürnberg zwischen der Kösseine und dem Fichtelsee, insofern müsste die Überschrift lauten: „Grenzbeschreibung des herrschaftlichen Waldes.“ Viele Orts-, Bach- und Flurnamen tauchen in diesem Protokoll auf, die heute nicht mehr bekannt sind.

Verfolgen wir zunächst die politische Entwicklung unseres Gebiets. Der Fichtelgebirgs-Innenraum gehörte zunächst zum Egerland, das 1135 erstmals als „regio Egere“ in Erscheinung tritt und dessen Mittelpunkt die Reichsburg Eger war. Die westliche Abgrenzung des Egerlandes folgte dabei den natürlichen Gegebenheiten, nämlich den Gebirgszügen. 1248 waren die hohenzollerischen Burggrafen von Nürnberg durch die Erwerbung Bayreuths westliche Nachbarn des Egerlandes geworden. Bald begannen sie mit dem Ankauf von Burgen, Besitzungen und Gerichtsrechten des in Auflösung begriffenen Egerlandes. Bis 1415 war der gesamte Fichelgebirgs-Innenraum in burggräflichem Besitz mit der späteren Bezeichnung „Sechsämterland“. Eine andere politische Entwicklung nahm das Gebiet südlich von Kösseine und Hoher Matze. Im 13. Jahrhundert entstand dort das Territorium der „Oberen Pfalz“, ein Nebenland der Pfalzgrafen bei Rhein mit der wechselvollen Geschichte der Wittelsbacher. 1648 erfolgte die Einverleibung der „Oberen Pfalz“ in den bayerischen Staatsverband.

Zwischen beiden Herrschaftsgebieten, Fürstentum Obere Pfalz/Bayern und Markgrafschaft, bildete sich im südlichen Fichtelgebirge eine Abgrenzung, die später zur regelrechten Landesgrenze wurde, die bis 1810 Bestand hatte. Nachdem es wegen dieser Grenze zu ständigen „Irrungen“ kam, erfolgten Grenzbegehungen und es wurden Rainungsprotokolle angefertigt. Die hier angesprochene Grenzbeschreibung von 1393 behandelt aber nicht die Festlegung einer politischen Grenze zwischen den beiden Herrschaftsgebieten, sondern sie war zunächst eine „Waldbesitzabgrenzung“, denn von gefestigten Herrschaftsgebieten konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesprochen werden. Allerdings ist festzustellen, dass die südliche Waldbesitzergrenze mit der später festgelegten politischen Grenze fast identisch wurde.

Wie aus dem Text der Grenzbeschreibung eindeutig hervorgeht, geht es um die Festlegung der Waldbezirke des hohenzollerischen Burggrafen. Die Grenzbeschreibung beginnt am südöstlichen Fuße des Kösseinestockes bei der eingegangenen Siedlung Gebhardtreuth am Kösseinebach und geht bis zum Fichtelsee. Erst später unterscheidet man für das Kösseinegebiet, was dem Markgrafen gehört oder der Stadt Wunsiedel, ohne dass dabei das Luxburggebiet oder der Burgstein besonders Erwähnung finden. Genannt wird das Gebiet westlich des Weges, wenn man von der Luisenburg über die heutige Rodelbahn zur Kösseine geht. Es handelt sich hier um den Forstweg, der auch heute noch die Waldbesitzergrenze von Stadt Wunsiedel und dem Staatsforst ist. Weiterhin fällt auf, dass der Haberstein, die Hohe Matze und Platte zum „herrschaftlichen Wald“, also zum burggräflichen Besitz gehört.

Wir drucken nun die Grenzbeschreibung im Wortlaut ab, wobei zum besseren Verständnis Erläuterungen in Klammern gesetzt werden. Die beigefügte Kartenskizze soll den Grenzverlauf verdeutlichen.

„Die reynung get also: der hirschaft teil von der Kozzeyn (=Kösseine) hebt sich an zu Gebhardtsrewt der wustung an den bach genant der Radenzubach (= Bachlauf Kösseine), Vnd den selben Radenzunbach auf bis in seynen Orsprunck (= Ursprung), vnd von dem selben ursprunck hinder in die Norlaw, dorinnen ein grose fichten stet, vnd von dann abe in die silbergrube zwischen Quenleins vnd Reichenbach gelegen vnd aber von dannen veldes halben, das gen Reichenbach vnd Quenleins gehort, auf den reyn do zwissen biss hinab in den nydersten furt des Grunleinbachs, vnd davon auf biss zu den grossen marcksteynen, die in dem flor ligen auch veldes halben, zwischen dem Nagel vnd Grunleinss den dorffern, vnd von dem zwifachen stein, der den egenanten marckstein eynet vnd der letzt ist, hinabe durch den grunt Bernloe genant, vnd auf dem wege, der do in die wegscheid auf den Genenleinsberg, do die wege von dem Nagel vnd von Pirk (= abgegangener Ort) in vund zu einmander gen, vnd von der wegescheide gerichts abe vnd zu tal in den Seiflein (= Zinnseife?), als Pirker vnd Nagler velt aneinnader stossen, in den bach Crebenitz (= Gregnitz) auf zu der tannen, die auf dem Mittelberg bey einem grossen stein steht, die selbe tanne auch mit der hirschaft quartirten Wappen sichtiglichen gezeichnet ist, vnd von der tannen gleich auf in den sehe (= Fichtelsee) auf den Fichtelberge, doh sich dann die reynung gen Berneck anhebt. Waz in der egeschrieben reynung auf die rechte hant liget gen Wunsidel wertes, als man von Wunsidel umb die Lusburg in die Kozzeyn reytet, vnd furbas an den reynen hin, als vorgeschriben stet, in der Kozzeyn liget, die mazen (= Hohe Matze) ganz, die plancken (= Platte) vnd ander stucken in dieser reynung mit bergen vnd gehengen auf beyde seiten dieseithalben vnd innhalben sein der hirschaft.“

Bei der Rainungsbegehung sind folgende Personen dabei gewesen: 12 von Wunsiedel, 4 von Nagel, 4 von Reichenbach, 4 von Tröstau, 2 von Leupoldsdorf, 6 von Schönbrunn, 5 von Vordorf. Alles Alte und Junge, die Alten als Wissende, die Jungen als Merkende!

Weiterführende Literatur:
Dietmar Herrmann: Die Kösseine im Fichtelgebirge; Heft 3/1993 der Schriftenreihe des Fichtelgebirgsvereins Das Fichtelgebirge

Bayern-Fichtelgebirge