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Der „Bischof des Fichtelgebirges“
Leben und Wirken von Joseph Hupfe
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N.N.
Vielen passionierten Sternwanderern dürfte die Frühjahrssternwanderung der Fichtelgebirgsvereine am 28. Mai 1995 nach Ebnath als  eine Sternstunde in doppelter Hinsicht noch in guter Erinnerung sein: Zum einen überraschte Petrus nach kühlen regnerischen Wochen die Wanderer mit einem strahlend milden Sonnentag, zum anderen durften sie miterleben, wie am Kalvarienbergkirchlein zwei Gedenktafeln aus Kösseinegranit enthüllt und gesegnet wurden, auf  denen die fünf Strophen des Fichtelgebirgsliedes „Ich bin gewandert weit umher..“ , gedichtet von Joseph Hupfer, eingemeißelt sind. Damit ehrte die politische Gemeinde Ebnath einen schon längst verstorbenen, aber nicht vergessenen Ehrenbürger und die Pfarrgemeinde einen verdienten Seelsorger.

Auch heuer (=2003), wenn nach acht Jahren die Frühjahrssternwanderung wiederum nach Ebnath führt, besteht eine besonderer Anlass, Joseph Hupfer zu gedenken, war er doch maßgeblich daran beteiligt, als vor genau hundert Jahren , im Jahre 1903 , in Ebnath der Fichtelgebirgsverein aus der Taufe gehoben wurde. Es besteht also Grund genug, an dieser Stelle das Leben und Wirken dieses Mannes etwas ausführlicher auszubreiten.

Lebensdaten

Im nordoberpfälzischen  Pressath  als Sohn des Schmiedemeisters Georg Hupfer und dessen Ehefrau Theresia, geb. Mühlmaier, am 3.Mai 1869 geboren, wuchs Joseph Hupfer zusammen mit fünf Geschwistern auf. Man nimmt an, dass sein Vater früh verstarb, er aber auf alle Fälle in sehr  bescheidenen Verhältnissen aufwuchs, denn der damalige Stadtpfarrer von Pressath, der eine besonderes Gefallen  an dem „heiteren, fröhlichen und musikalischen  Wesen“ des begabten Buben gefunden hatte, bemühte sich mit allen Kräften, ihm einen Freiplatz im bischöflichen Knabenseminar in Regensburg zu vermitteln.
Am 16.Mai 1895  empfing Joseph Hupfer durch den Regensburger Bischof Ignatius von Senestrey  die Priesterweihe, trat anschließend  seinen seelsorgerlichen Dienst als Kaplan in der Fichtelgebirgsgemeinde Ebnath an und wurde dort am 1.September 1900 als Nachfolger von  Robert Schricker  als Pfarrer installiert. (An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass  bei dieser Neubesetzung der Bischof von Regensburg nicht das alleinige Sagen hatte, sondern das Präsentationsrecht der Grafen, später Fürsten zu Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen  berücksichtigen musste. Diese hatten  das wohl  200 Jahre alte Recht am 1. Januar 1870 von den Freiherren von Hirschberg, welche seit dem Jahre 1355 in der Hofmark Ebnath ansässig waren, samt deren Besitzungen käuflich erworben und nahmen es am 2.August 1900 bei der Präsentation des Pfarrers Joseph Hupfer zum ersten Mal wahr.)

Im Juli 1939 übergab Joseph Hupfer, inzwischen mit den Aufgaben eines Dekans betraut und Träger des Titels eines Bischöflichen Geistlichen Rates, wie auch anlässlich seines vierzigjährigen Priesterjubiläums im Jahre 1935 von der politischen Gemeinde zum Ehrenbürger ernannt, die Pfarrei  an seinen Nachfolger Johann Leitl. Einen Monat später bezog er im neuerbauten Pfarrhof  des benachbarten Brand  seinen Altersruhesitz, wo er bereits ein knappes Jahr später nach nur vierzehntägigem Krankenlager am 22.Juni1940 im Alter von 71 Jahren verstarb. Seine letzte Ruhestätte fand  Joseph Hupfer im Priestergrab des Ebnather Friedhofs.

Der Kirchenbauer

Das ungewöhnlich lange Wirken Joseph Hupfers über 44 Jahre in ein und derselben Pfarrei lässt sich nicht in Gänze beschreiben, sondern nur in einigen Schlaglichtern erhellen.

Ein besonderes Verdienst Joseph Hupfers war es, der Pfarrei Ebnath eine neue Struktur gegeben zu haben. Bei seinem Amtsantritt zählte die Pfarrei 22 Ortschaften mit etwa 5000 Gläubigen. Die seelsorgerische Betreuung in dem sehr weitläufigen Pfarrbezirk, zu der auch noch das Abhalten des Religionsunterrichtes in mehreren Schulen gehörte, war für Pfarrer Hupfer und seine Kapläne vor allem in den langen schneereichen Wintermonaten äußerst mühevoll – man bedenke, dass alle Wege zu Fuß zurückgelegt  werden mussten. Diesem Zustand vermochte Hupfer rasch und erfolgreich entgegenzuwirken.

Zunächst gelang es ihm, die Beschwernisse bei der pastoralen Tätigkeit im sieben Kilometer entfernten  Mehlmeisel abzubauen. Unter seiner Initiative wurde ein Kirchenbauverein gegründet, 1906  mit dem Bau einer Kirche begonnen und nach deren Einweihung 1911 ein exponierter Kaplan zugewiesen. 1923 erfolgte die Erhebung zur Pfarrei.

Langwieriger gestaltete es sich, die Eigenständigkeit Neusorgs aufzubauen, eines Industriedorfs, welches explosionsartig  wuchs und Pfarrer Hupfer als „Sorgenkind“ besonders am Herzen lag. Die Gefahr des Aufkeimens liberaler Ideen bei den Fabrikbesitzern und Bahnbeamten und des Fußfassen sozialdemokratischer Ideen bei der Arbeiterschaft  gleichermaßen fürchtend,  trieb er den  Bau einer Kirche mit großem Eifer voran. Seinem diplomatischen Geschick und seiner Hartnäckigkeit ist es wohl zu verdanken, dass das bischöfliche Ordinariat in Regensburg ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 10000 Mark bewilligte und damit am 4.Mai 1911 der Grundstein für die kleine Kirche St. Josef gelegt werden konnte. Jedoch erst 1930 wurde in Neusorg eine exponierte Hilfsgeistlichenstelle geschaffen. (Erster Geistlicher war von 1930-1933 Joseph Losch, der  1945 von den Nationalsozialisten  in Plötzensee hingerichtet wurde.)

Auch in anderen Teilen der Pfarrei betätigte sich Pfarrer Hupfer als Bauherr. So wurde 1906/1907 ein Kirchlein in Brand erbaut, 1930/1931  eine Kirchlein in  Schurbach errichtet, 1904 die Kalvarienbergkapelle bei Ebnath und 1908 die Dreifaltigkeitskapelle in Grünlas restauriert.

Neben diesen Bautätigkeiten lag Pfarrer Hupfer ganz besonders die Pflege seiner Ebnather Pfarrkirche St. Ägidius am Herzen. Von 1908 bis 1910 ließ  er eine gründliche  Renovierung der Pfarrkirche  vornehmen, bei der man ganz besonders  auf die Erhaltung der ursprünglichen Farben und Formen achtete. Dabei stützte sich Pfarrer Hupfer auf seine Studien einschlägiger Akten im Pfarrarchiv.

Der volksverbundene Seelsorger

Sicherte ihm diese rege Bautätigkeit einen ehrenvollen Platz in den einschlägigen Chroniken,  so ist  sein Andenken in der mündlichen Überlieferung  auf Grund einer anderen Eigenschaft lebendig geblieben: Es ist die facettenreiche Volksverbundenheit, die ihn in den Herzen der Ebnather weiterleben lässt.

Da ist zunächst seine Gabe, an jedem Ort für jeden das richtige Wort zu finden. Mit seiner milden Wortgewalt vermochte er die Kirchenbesucher in den Bann seiner Predigten zu ziehen, aber auch in den Schulstuben eine angstfreie Situation zu schaffen (für die damalige Zeit durchaus etwas ungewöhnlich).

Da ist weiterhin seine humorvolle Geselligkeit. Ein großes Foto in der Wirtsstube beim Oberwirt verweist heute noch auf die Tatsache, dass Pfarrer Hupfer  allabendlich beim Oberwirt  (mit Ausnahme des Heiligen Abends und des Karfreitags) seine Trinkfestigkeit und  seine Freude am Schafkopfen unter Beweis stellte.

Da  ist insbesondere  seine  Mildtätigkeit. Vielen in Not Geratenen  lieh oder schenkte er Geld, ohne ein Wort darüber zu verlieren. So gab er einer jungen Witwe, welche die Kosten  des Leichenbegängnisses ihres Mannes im Pfarrhof begleichen wollte, zu verstehen,  sie solle das Geld schleunigst wieder  einstecken  und dafür für sich  und  ihren Kindern  ein  großes Stück Fleisch braten.

Und nicht zuletzt ist  es wohl die über vierzigjährige Treue zur Ebnather Pfarrei, die  Pfarrer Joseph Hupfer die  Anhänglichkeit seiner Schäflein sicherte und  auch höheren Orts  aufgefallen sein muss, wie folgende Episode beweist: Als am 24. Juni 1935 anlässlich des 40jährigen Priesterjubiläums von Pfarrer Hupfer ein Fackelzug und eine festliche Serenade beim Pfarrhof stattfanden, war auch der Regensburger Bischof Michael Buchberger unter den Festgästen. Aus der Laudatio, die er an den Jubilar, mit dem er sich in großer Freundschaft verbunden fühlte, richtete, blieben den Ebnathern folgende Sätze unvergessen: „Herr Geistlicher Rat Hupfer war immer ein aufrechter und wahrheitsliebender  Mann. Nur seinem Namen machte er wenig Ehre; denn er war kein  „Hupfer“, sondern hielt 40 Jahre lang seiner Pfarrei die Treue. Er müsste eigentlich „Hocker“ heißen.“

In seiner langen Amtszeit ist es Pfarrer Hupfer auch gelungen, bei seinen Amtsbrüdern  großes Ansehen, aber auch Vertrauen zu erwerben. Jeden Montag lud er sie zu sich zu einem gemütlichen Conveniat ein. Und alljährlich am Pfingstdienstag rief er als Dekan alle seine untergebenen Geistlichen zu einer Versammlung im Kösseinehaus zusammen  „und alle kamen und freuten sich , wenn der alte „Bassonkel“ seine kräftige Stimme über die Wipfel erschallen ließ“. Kein Wunder also, wenn Pfarrer Hupfer von seinen Mitbrüdern im Amt scherzhaft-wohlwollend der „Bischof des Fichtelgebirges“ genannt wurde.

Der heimatverbundene Schriftsteller

Wann  Joseph Hupfer  neben seiner bisher geschilderten Tätigkeit  noch Zeit fand, sich schriftstellerisch zu betätigen, scheint an ein Rätsel zu grenzen . Es muss wohl seine sprachschöpferische und sprachgestaltende Begabung gewesen sein,  die ihm so vieles mühelos aus der Feder fließen und ihn zusammen mit seiner innigen Heimatverbundenheit  auch auf profanem Gebiet  zu einer bekannten Persönlichkeit  werden ließ.

Galt es ein Gedicht für  eine Festlichkeit  in der Pfarrei zu verfassen, war er sofort zur Stelle. Auch ist es ihm zu verdanken, dass viele Sagen  aus der Ebnather Gegend  ( Sage vom Zwergl, Sage vom „Tiefen Brunnen“ , Sage von der goldenen Kirche im Ochsenkopf usw.) wohlformuliert dem Papier anvertraut und damit der Nachwelt erhalten wurden.

Großes Engagement und Wissen sprechen  aus  seinen zahlreichen Beiträgen  in der  Zeit-schrift  „Die Oberpfalz“ ab deren  Gründung  im Jahre 1907, von denen  „Die Obere Pfalz im Mittelalter“ (Eine kulturhistorische Plauderei ) aus dem Jahre 1908 vielleicht die meiste Aufmerksamkeit  verdient .Joseph Hupfer zeichnet darin ein lebendiges  und plastisches Bild  der Oberpfalz  vom Mittelalter  bis nach dem Dreißigjährigen Krieg : „Nicht immer glich die Oberpfalz einer abgehärmten Witwe in dürftigem Gewande, mit runzligem Antlitz. Es gab eine Zeit, freilich ist`s  lange her, da war die Obere Pfalz eine fröhliche, jugendfrische Braut mit schwellenden Gliedern im reichen Gewand.“-----„ Kann man sich da wundern, wenn die Oberpfalz nunmehr  einer traurigen Witwe gleicht, .... wenn sie misstrauisch  und vorsichtig  ist und nicht jedem Fremden um den Hals fällt? Geb` Gott , dass sie wieder anders wird!“

Den höchsten  schriftstellerischen Bekanntheitsgrad  erreichte Joseph Hupfer jedoch  mit seinem Fichtelgebirgslied : „Ich bin gewandert weit umher..“, welches  von Prof. Simon Breu , Würzburg, vertont wurde.  Darin verlieh  er seiner Liebe  und Treue  zu seiner Wahlheimat  einen gebührenden Ausdruck  und lieferte gleichzeitig  eine zutiefst plausible Begründung  für seine Sesshaftigkeit.

Im Nachruf , der  kurz nach seinem Tod  in der Zeitschrift „Die Oberpfalz“ erschien,  wird diese Sesshaftigkeit  aus  der Liebe zu seiner Wahlheimat  abgeleitet:

„ Am 22. Juni starb in Ebnath im Fichtelgebirge einer treuer Sohn seiner Fichtelgebirgsheimat unser geschätzter Mitarbeiter Dekan und Geistlicher Rat   J o s e p h   H u p f e r . Als Jungpriester kam er im Jahre 1895 nach Ebnath, wurde dort  im Jahre 1900 Pfarrer und wenn  auch noch so verlockende Angebote an ihn herantraten, er wollte  sich nicht mehr trennen  von dem stillen Tale am Fuße der Kösseine, unser „Bischof des Fichtelgebirges“, wie ihn seine Amtsbrüder im Scherze nannten. Oft und gerne wanderte er durch die Heimaterde, die nun ihren müden Sohn aufgenommen und das ewige Rauschen der grünen Wälder ist das Schlummerlied, das seine Fichtelgebirgsheimat über seinem Grabe singt.“

Quellen:
Müller-Ihl,  Hans: Hofmark Ebnath. Heimat an der oberen Fichtelnaab. Coburg 1979.
Reger, Anton: „Der Bischof des Fichtelgebirges“.  In : „Der neue Tag“ , 12.August 1992.
Schuster –Chronik  1.Teil  ( handschriftlich erstellt von Hauptlehrer Hans Schuster, Ebnath).
Hupfer,  Joseph: Die Obere Pfalz im Mittelalter. Eine kulturhistorische Plauderei. In: Die Oberpfalz, Jg.2, S.9-73. Kallmünz 1908.
Aufzeichnungen im Diözesanarchiv Regensburg, freundlicherweise übermittelt durch H.H.Domkapitular Edmund Stauffer, Regensburg.
Informationen von mehreren älteren Einwohnern Ebnaths.
Dieser Aufsatz steht in der Vereinszeitschrift des Fichtelgebirgsvereins e.V. Der Siebenstern 2003, S. 85

 

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