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Heldenhafte Verteidigung der Arzberger Kirchenburg vor 500 Jahren
Hans - Günter Tröger

Reichspolitische Interessen führten 1504 zum Landshuter Erbfolgekrieg. 1503 war Georg der Reiche von Landshut , dem auch die Oberpfalz gehörte, gestorben. Seiner letztwilligen Verfügung entsprechend, die allerdings einem Hausgesetz widersprach, wollte sein Schwiegersohn Ruprecht von der Pfalz, diese an sich ziehen. Während noch Verhandlungen über das Erbe vor dem Kaiser schwebten, besetzte er schon Landshut und verfiel darum der Reichsacht. Ruprecht starb zwar schon am 20. August 1503, aber seine kampfesfreudige Gemahlin , Elisabeth , setzte den Kampf um ihres Vaters Erbe fort. Wieder sollte ein Markgraf von Brandenburg, Friedrich der IV. (1495 - 1515), die Reichsacht vollstrecken. Da nun das Kloster Waldsassen zu dem Geächteten hielt, so fiel der "Hauptmann auf dem Gebirg" (d. h. des Kulmbacher Landes) , der Wunsiedler Amtmann Alexander von Lüchau am Morgen des 4. August, da die Mönche noch schliefen, in Waldsassen ein. Er stürmte das Kloster, zündete es an und verheerte dann das ganze Stiftland, so z.B. Fockenfeld, das kirchlich zu Arzberg gehörte. Bei der Rückkehr von diesem Überfall erlitt er am 8. August bei Ebnath eine Niederlage. Die Truppen der Pfälzer wurden von den kaiserlichen Truppen im August und September in mehreren Gefechten geschlagen.(1) Von den Böhmen, die damals Bundesgenossen der Pfälzer waren, wird berichtet, dass sie nach einer Niederlage ihre Wut an Arzberg auslassen wollten. Die Stadt war durch einen Truppenabzug durch den Markgrafen von Verteidigern entblösst. Die Böhmen, unter ihrem Führer Oberst Sternberg hatten sich deshalb leichtes Spiel bei der Einnahme und Brandschatzung der Arzberger Kirchenburg erhofft. Wie der Chronist Caspar Bruschius in seiner "Gründlichen Beschreibung des Fichtelberges", 1542(2) berichtet, kam es jedoch ganz anders:

Behutsame neuzeitliche Übersetzung des Verfassers, - siehe auch Faksimile des Originaltextes eines Nachdruckes von 1683:

Arzberg ist ein Markt des Marktgrafen Albrechts von Brandenburg, zwei Meilen von Eger, zwei Meilen von Wunsiedel und zwei Meilen von Weißenstadt gelegen. Es hat eine Kirche mit einer festen, starken Mauer, wie eine Stadt befestigt; dahin flüchtet das Volk und sucht Zuflucht bei Kriegsereignissen und kann sich darin eine Zeitlang gut schützen. Es war im Jahr 1504 als genannter Markt von den Böhmen - (die Pfalzgraf Ruprecht zu Hilfe kamen und vom Kaiser Maximilian geschlagen worden waren und streiften also hier und da in dem Vogtlande) - mit einem großen Heer belagert und angegriffen wurde. Die Bürger hatten all ihr Hab und Gut in die Kirche getragen, den Kirchhof zugeschlossen und verwahrt. Sie standen mit ihren Weibern auf der Mauer, wehrten sich mit Steinen und Geschütz aufs männlichste, desgleichen die Weiber mit Pech und heißem Wasser und womit sie konnten (sic!). Es war aber ein Fleischhacker oder Metzger unter ihnen, mit Namen Nikolaus Unruh, der hatte diesen Namen nicht vergebens, er war ein ernstlicher Mann und des Spottens nicht gewohnt. Nachdem die Böhmen viel unnützen Wind in den Nasen hatten, nichts konnten als der guten Leute spotten, schenkte ihnen dieser eine Kugel, traf damit unter anderen vornehmlich den Obersten Hauptmann, der ein Graf von Sternberg war - der hatte der Weiber, die auf den Mauern standen, fest verspottet. Da aber der samt etlichen anderen darniederlag, hatte der Krieg ein Ende, die Böhmen zogen mit ihren armen Leuten davon. Da fielen die Arzberger aus der Kirchenburg, eilten ihnen nach und schlugen viele von ihnen noch auf der Flucht tot.

Aufschlussreiche Einzelheiten über den "Landshuter Erbfolgekrieg" berichtet Elisabeth Jäger(3) in ihrer Wunsiedler Chronik. Erstmals kann demnach der Einfall der Böhmen ins Sechsämterland und die Belagerung der Arzberger Kirchenburg zeitlich genauer festgelegt werden. Ich zitiere Elisabeth Jäger: "Der Einfall der Böhmen fand wohl im Oktober statt. Auf ihn weist indirekt ein Schreiben der Stadt Wunsiedel an den Egerer Rat vom 8. November 1504 hin, des Inhalts:

Dass ""in diesen schweren leufften unsre merckt uff martini und Katharine"" abgesagt werden müssten". (= in diesen schweren Zeitläufen unsere Märkte zu Martini und Katharine ...).

Die erfolgreiche Verteidigung der Arzberger Kirchenburg 1504 gegen die Böhmen mag der Anlass gewesen sein, 128 Jahre später - 1632- erneut die Arzberger Kirchenburg gegen die von Oberst Butler geführte Soldateska Wallensteins zu verteidigen. Der Arzberger Ausschuss folgte dem Aufruf zur Landesverteidigung und verteidigte am 10. Juni den "Schirndinger Pass" gegen die heranziehenden Truppen unter ihrem Ausschusshauptmann dem Metzgermeister Hans Schreyer bis auf den letzten Mann. Der Chronist(4) berichtet weiter: "... Am nächsten Morgen erschien der Ausschuss von Hof zur Verstärkung. Als er den Engpass besetzen wollte und die Unmenge der Erschlagenen sah, wich er aber - ein ähnliches Los befürchtend - entsetzt zurück ...".

Nach dem schrecklichen Ende des Arzberger Ausschusses am Pass war auch die Kirchenburg gegen einen Angriff am 13. Juni nicht zu halten, zumal sich die Kriegskunst in den vergangenen 128 Jahren weiter entwickelt hatte, boten solche Anlagen für eine geschulte und gerüstete Armee des Dreißigjährigen Krieges kein nennenswertes Hindernis. Die Arzberger Bürger wurden für ihren todesmutigen Einsatz am Schirndinger Pass durch die totale Zerstörung von Kirche mit Kirchenburg und des Ortes bestraft. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass, nach neueren Forschungen, gleichzeitig die (planmäßige) Zerstörung der Waffenschmieden Suhl im Thüringischen und Arzberg in dem Sechs Ämtern erfolgte. Daraus mag man die Bedeutung der Arzberger Waffenschmiede für die Rüstung ableiten. Von diesem schweren Schlag hat sich Arzberg lange nicht erholt, als Folge kam es zum Verlust des 1408 verliehenen Stadtrechts.

Die Mitglieder der Königlich privilegierten Schützgesellschaft Arzberg (als ideelle Nachfolger des Ausschusses)und alle Heimatfreunde könnten die 500-jährige Wiederkehr der erfolgreichen Behauptung der Arzberger Kirchenburg 1504 zum Anlass nehmen, im Oktober der ruhmreichen Verteidiger zu gedenken.

Anmerkungen:
1) Simon, Matthias, Arzberg, 1954; Arzberger Heimatbuch, S. 89 ff .
2) Bruschius, Caspar, Des Vichtelberges in der alten Nariscen Land gelegen ... gründtliche beschreibung   Wittenberg 1542.  S. 95
3) Jäger, Elisabeth, Monografie, "Wunsiedel 1163 - 1560" I. Band der  Geschichte der Burg und Stadt Wunsiedel.
   Unter Absatz XII. Der "Bayerische Unfried" im Jahre 1504. S.258 bis 265.
4) Siehe 1) S. 145 ff.

 

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Wichtige Bestandteile der Kirchenburg waren die an der Südseite stehenden, auf steilen Marmorwänden erbauten Pfarrstädel, die wegen ihrer feuerfesten Dacheindeckung den großen Stadtbrand 1867 unversehrt überstanden. Das schindelgedeckte Pfarrhaus brannte ab. Die Aufnahme von 1974 zeigt die Pfarrscheunen mit der montierten Sicherungsverbauung. Trotz einem von der FGV-Ortsgruppe Arzberg bezahlten Gutachten, das die Sanierfähigkeit der Bauten nachwies und allen weiteren Bemühungen bei dem  Landesamt für Denkmalpflege gelang es nicht, diese ortsbildprägenden Bauten zu erhalten.

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Pulverturm und Wehrmauer aus dem 14. Jahrhundert

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Die Heldentat anno 1504 nahm der Arzberger Künstler Emil Richter zum Anlass, die Szenerie und den Originaltext auf Porzellanplatten zu gestalten. Sinnvoller Weise erfolgte die Anbringung der Tafeln an der Ostseite der Wehrmauer der Arzberger Kirchenburg.

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Caspar Bruschius, 1504

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