Aus Thiersheims Geschichte Mit einem echten Heimnamen zählt Thiersheim zu den fränkischen Ursiedlungen. Der Ortsnamensforscher Adolf Gütter weist im Thiersheimer Heimatbuch nach, dass Thiersheim schon in karolingischer Zeit existiert haben muss. Die Namensgebung mit der Endung „heim“ galt um 800 schon als abgeschlossen. Thiersheims Lage bestimmte sich nach verkehrsgeographischen Gesichtspunkten und zwar durch die Fernstraßenkreuzung von Franken nach Böhmen und durch die Nord-Südstraße von Magdeburg – Regensburg, letztere war identisch mit der uralten Bernsteinstraße. Untermauert wird dieser Umstand, dass die Entfernung nach Eger 19 km beträgt, eine damalige Tagesetappe. Zur Sicherung dieser wichtigen Kreuzung wurden bereits im Mittelalter 5 Reishöfe angelegt. Reishöfe mussten statt dem üblichen Zins, mit Pferd und Büchsenwagen dienen und bei Bedarf des Landesherren in den Krieg „reisen“. Auch der Reishof „Scharmannsgut“ geht den Namensgut nach auf karolingische Zeit zurück. Scharmannen = Scaramanni, sogenannte Scharleute waren Unfreie, die der Reisebegleitung und der militärischen Sicherung dienten und für diese Scharpflicht ein Scharlehen erhielten. Hinter Stemmas an der nach Böhmen führenden Straße stand bis zur Reformation eine Feldkapelle, sie war dem fränkischen Nationalheiligen „St. Martin“ geweiht, ein weiterer Beweis auf den fränkischen Einfluss. Bei einer am 29. September 1132 zu Regensburg von Kaiser Friedrich Barbarossa bestätigten Schenkung des Markgrafen Diepold III. an das Kloster Reichenbach erscheint der zentrale Ort Thiersheim erstmals urkundlich. Im Zuge der Hauptrodungsperiode stoßen bayerische Siedler in das Fichtelgebirge und begründen die altbayerische Mundart. Der Burgbezirk von Thiersheim mit einer Taufkapelle gilt als Ursprung der Siedlung. Im Außenbereich formierten sich die bereits erwähnten Reishöfe. Nach der Jahrtausendwende begannen bayerische Siedler einen Dreiecksmarkt an der Kreuzung der Fernstraßen zu gründen. Der auf einer Länge von knapp 400 m vom ehemaligen Wunsiedler zum Egerer Tor verlaufenden „Langen Gasse“ (Hauptstraße) bildet die Achse der Siedlung. Die alte Straße nach Thierstein-Höchstädt bewegte sich über den Marktplatz nach Norden zum Thiersteiner Tor. Die Vorstadt entstand zwischen 1400 und 1500. Zu den 5 Reishöfen, deren Besitz im Umkreis zerstreut lag, gesellten sich 8 Voll- oder Gülthöfe. Im 13. Jahrhundert treten die Herren von Nothaft, Ministerialien der Staufer, in die Geschichte Thiersheims. Um 1270 heiratet Katharina Kneusel (Künzel) aus Hohenberg den Engelhart Nothaft von Wildstein (Egerland) und bringt als Mitgift die Orte Stemmas, Kothigenbibersbach, Braunersgrün und Thiersheim mit ein. Um diese Zeit entsteht das Burghaus der Nothaft. Thiersheim bestand längst in der Form eines Dorfes, als die Nothaft 1340 die Burgen in Thierstein und Weißenstein anlegten. Engelharts Sohn und später seinem Enkel
übertrug Kaiser Ludwig dem Bayer die Aufsicht über den
Reichsforst im Egerland. Den Nachkommen Peter und Hans Nothaft gehörte
als gemeinsamen Besitz die Burgen in Thiersheim und Thierstein.
Peter Nothaft führte einen eigenen Haushalt auf seiner Stammburg
in Thiersheim, obwohl er die Verwaltung von Thiersheim auf
Thierstein verlagerte. Um 1375 sahen sich die Brüder gezwungen,
ihren Besitz Stück um Stück zu verkaufen. Peter Nothaft
versetzte am 21. Januar 1389 alle ihm als Reichslehen gehörenden
Forste an böhmische Adelige. Dieser Ausverkauf vor Augen der
Stadt Eger führte zur offenen Fehde zwischen den Thiersheim/Thiersteiner
Nothaft und dem Rat zu Eger. Beide Seiten belauerten und beraubten
sich gegenseitig. „Dem Elbel von Tirzheym wurden 2 Ochsen geraubt.
Der gefangene Nicel Behem gestand vor dem Gericht in Eger, dass
er mit Herrn Peter Nothaft und 16 anderen Reitern auf die von Eger
gelauert hatte und sie waren zu Thierstein aus- und eingeritten
als sie zu Rauschensteig und Rügersgrün raubten.“ Den Egerern und den Burggrafen von Nürnberg, beide hofften auf den Erwerb der Nothaftschen Besitzung, schlug Peter Nothaft ein Schnippchen. Er verkaufte 1393 Thiersheim und Thierstein samt den Burgen an den Markgrafen zu Meißen, der 1411 auch Marktleuthen erwarb. Die Stadtrechte von Thiersheim wurden am 10. Mai 1398 und am 16. Mai 1409 von den Landgrafen von Thüringen neu bestätigt. Im einzelnen bestanden die von Peter Nothaft hergebrachten Rechte aus 7 Punkten. Die bestehenden Rechtsverhältnisse sind exakt fixiert. Der Markgraf von Meißen erklärte 1398, dass zusammen mit dem Schloss Thierstein auch das Stadtrecht des Stadtgerichts von Thiersheim an ihn kam. Dementsprechend sind die Einwohner von Thiersheim auch als Bürger bezeichnet. So kann man daraus schließen, dass Peter Nothaft als Ortsherr, dem vom König die obrigkeitliche Gewalt über die Siedlung verliehen war, einen baulich geordneten und geschlossenen, auch befestigten Rechts-, Gerichts- und Marktbezirk mit einer Selbstverwaltungskörperschaft aus den ratsfähigen Familien geschaffen hatte. 1409 ist noch von „Bürgermeister und Rat unserer Stadt Thiersheim“ die Rede. Die zwei wichtigsten Punkte waren das Marktrecht und die niedere Gerichtsbarkeit. Das an erster Stelle genannte Marktrecht bedeutete soviel wie Marktzwang als bindende Vorschrift für Ort und Zeit des Verkaufs von wichtigen Gütern. Diese wichtige Rolle war sicherlich mit wirtschaftlichen Erwartungen des Ortsherrn verbunden. An zweiter Stelle ist von der dem Stadtgericht zustehenden niederen Gerichtsbarkeit die Rede. Bereits diese beiden Punkte waren maßgebend für den Stadtbegriff im mittelalterlichen Rechtssinne. Während die Hohe Gerichtsbarkeit, die vorher beim Landrichter in Eger gelegen war, von den Nothaften ausgeübt wurde, konnte sich in Niedergerichtsfällen die Tochterstadt Thiersheim mit dem Ersuchen um Rechtsbelehrung an den Oberhof Eger wenden. „Sollten sie bei der Gerichtsbarkeit Rat suchen, so müssten sie sich an den Oberhof Eger wenden.“ Da um 1375 ein „Richter“ in Thiersheim genannt ist, wurde es spätestens um diese Zeit so gehandhabt. Als der Markgraf von Meißen 1411 den Ort Leuthen zum Markt erhob, wies er an „und sollten sie Rat brauchen, müssten sie sich an Thiersheim wenden.“ Nachdem die Markgrafen von Meißen, Thiersheim, Thierstein und Leuthen erworben hatten, fühlten sich die Burggrafen von Nürnberg in ihrem Streben nach Macht und Einfluss im Nordgau gestört.“ Jedoch einer Erbregelung zufolgte sollte ihnen das meißnische Erbe im Fichtelgebirge zufallen. Im Jahe 1415 konnten die Nürnberger Burggrafen von Thiersheim und Thierstein Besitz ergreifen. Diese zollerischen Burggrafen, die auch die Landesherrn der Markgrafschaft Bayreuth waren, bestimmten die nächsten vier Jahrhunderte über unser Gebiet. Regierungs- und Verwaltungssitz war seit 1403 die Plassenburg zu Kulmbach, ab 1603 Bayreuth. 1417 erhielt Thiersheim vom neuen Herrn Burggraf Johann III. von Nürnberg wieder ein Privileg, das sein nachfolgender Bruder Friedrich VI. 1422 bestätigte. Während 1409 die ehrsamen Leute, „burgermeister und rad unserer stad zu Tyrsheim um die Neuprivilierung ansuchten, erschien jetzt (1417 und 1422) „unser Lieben Getreuen, Burgermeister, Burger und die ganze Gemeinde des Marktes zu Thiersheim“ als Bittsteller. Aus der Stadt war stillschweigend ein Markt geworden. Ab 1430 durften Burgermeister und Rat einen Siegel verwenden, der das Stadtwappen enthält. Über dessen Verleihung ist aber nichts bekannt, da kein Wappenbrief vorliegt. Ein Abdruck in dunkelgrünem Wachs hängt an einer Urkunde vom 9. Oktober 1430 im Staatsarchiv Eger. „Thiersheim, Markt, Wappen: In Gold ein mit drei blaubedachten Türmen besetzter stilisierter roter Torbau, in dessen Bogen ein rot bewehrter Löwe steht. Der Feuertod des Johann Huss löst 1418 den Hussitenkrieg aus. Im Januar 1430 fällt Hussitenführer Prokopp mit seinem Heerhaufen in Thiersheim ein. Der Ort wird verbrannt und verwüstet. Das Steuerverzeichnis zum „Gemeinen Pfennig“
von 1495 nennt in Thiersheim 74 Hausbesitzer. Die bisherige Hauptmannschaft
vorm Wald wird 1492 als die „fünf Ämter“bezeichnet. Die
Ämter waren: Hohenberg/Wunsiedel, Kirchenlamitz, Selb, Weißenstadt
und Thierstein. Da Peter Nothaft um 1340 die Verwaltung von Thiersheim
nach Thierstein verlegte, bekam 1492 nicht Thiersheim, sondern
Thierstein ein Amt. Als um 1504 Hohenberg von Wunsiedel getrennt
wurde, entstanden sechs Ämter, das „Sechsämterland“. Im 30jährigen Krieg muss Thiersheim immer wieder unter barbarischen Rohheiten der durchziehenden Kriegshorden leiden. In einer Eingabe vom 16. Januar 1675 bitten die Thiersheimer den Markgrafen um Schutz ihrer Privilegien. Die von den Nachfolgebesitzern der früheren Reishöfe beschafften Wägen und Pferde seien aus den Feldzügen von 1673/74 noch nicht zurückgekehrt. Auch ein zweispänniger Büchsenwagen sei noch „uff der Reise“. Eine Ratsverfassung besaß Thiersheim bereits
vor 1400. Im Partikular-Güterverzeichnis von 1787
heißt es: „Marckt Thiersheim“. Auf den alterbauten Häusern lag als Realrecht eine Brauerlaubnis. Jeder Bürger, der ein brauberechtigtes Haus besaß, konnte sich im gemeindlichen „Kommunbrauhaus“ sein Bier brauen. Das Thiersheimer Bier hatte in damaliger Zeit einen guten Ruf. Ein Seußener Schankwirt gab 1678 zu Protokoll: „Das Thiersheimer Bier sei gelinder zu trinken als das Arzberger. Nach der handschriftlichen Chronik des Röslauer Pfarrers Ruckdeschel von 1785 bezog das Wirtshaus in Unterröslau sein Bier schon von altersher aus Thiersheim. Da die Thiersheimer das Seidel Bier einen halben Pfennig billiger abgaben als die Arzberger, ist es verständlich, dass es sich gelinder trank. Der Braubetrieb, nebenberuflich von Braumeistern und Mulzern ausgeführt, bekam 1758 durch den strengen Amtsrichter Johann Georg Eyl eine neue Ordnung. Mit dem Richter und dem von ihm bestellten Gerichtsknecht hatte sich die staatliche Obrigkeit in das Brauwesen eingemischt. Unter Eyls Amtsführung bekam der Mulzer-Eid einen strengeren Wortlaut. In einem gleichzeitigen „Malz-Messer-Eid“ wurde ebenfalls geschworen, dass zu einem ortsüblichen Gebräu Bier nicht mehr und nicht weniger als 5 ¼ Kar Gerste genommen werden durfte. Johann Georg Eyl war ein großer Förderer des Thiersheimer Brauwesens, bekannt und berüchtigt wurde er jedoch durch seine skurrile Amtsführung. Johann Christoph v. Paschwitz, der Erbe des Hammerwerks im Wellertal, hatte reichlich Steuerschulden und war seit Jahren untergetaucht. Als sein Sohn Gottlieb v. Paschwitz die Geschäfte im Wellertal übernehmen wollte, konnte er die Erbansprüche durch entsprechende Belege nicht erbringen. Um das Hammerwerk wieder zu betreiben, bat er 1771 den Markgrafen, die Privilegien wieder zu erneuern. Amtsrichter Eyl schlug dazu vor, diese abzuändern und einzuschränken, weil die zurückliegenden Generationen vielfach Missbrauch trieben. Eyl schrieb: „Lediglich durch den unziemenden Trutz des verschollenen v. Paschwitz sind die Wellerthaler Werke, die ihresgleichen in ganz Deutschland nicht hatten, zu Grunde gerichtet worden. ... Wer also die Eitelkeit und Vergänglichkeit der Welt nicht glauben wollte, dem dürffte man nur das vormahlig im Flohr gestandene, jetzt aber unter seinen Ruinen gebrabene Wellerthal zeigen, denn hier siehet er nichts als zerstöhrte und verfallene Häuser, ein Land, darauff Schutt und Asche liegt“. Der junge Paschwitz sei „bey seinen kläglichen Umständen“ sicher nicht fähig, das Hammerwerk wieder in Schwung zu bringen. Von dem Werk sei eigentlich nur noch das Privileg übriggeblieben. Da Gottlieb v. Paschwitz die Kürzungen der Privilegien nicht beachtete, schritt Amtsrichter J. G. Eyl zur Tat. Mit seinen Söhnen und etlichen Männern erschien er mehrfach auf dem Hammerwerk, verdrosch das gesamte Gesinde und erinnerte den v. Paschwitz handgreiflich daran, dass er kein gültiges Privileg besaß und hier noch der Markgraf das Sagen habe. In einem Bittbrief an den Markgrafen beschwerte sich v. Paschwitz über den „zudrünglichen Amtsrichter Eil zu Thürsheim, der durch einen abermals gewagten Einfall von 24 Mann „alle meine Arbeitsleut mit Flintenstößen und Schlägen derart schüchtern gemacht worden, dass sie mir unter dem Vorwand: Sie wüssten nicht, wem sie angehörten? Sämtlich davongelaufen und um doppelten Lohn nicht hier verbleiben mögten.“
Es ist nicht bekannt, seit wann Thiersheim über ein Gericht verfügte. Es bestand aber bereits, als die Herren Nothaft um 1340 eine neue Organisation schufen. Das älteste Lehenbuch der Nothaft nennt 1375 bereits einen Richter von Thiersheim. 1421 erscheint im Lehenbuch der Markgrafen von Bayreuth „die wüstung Etzlersreuth im Thiersheimer gericht.“ Der Markt behielt auch seinen Richtersitz, als Peter Nothaft mit seinem Amt auf die Burg Thierstein übersiedelte und deren Halsgericht für die umliegenden Dörfer zuständig war. Den Vorsitz hatte der Richter, der seit altersher vom Rat aus der Bürgerschaft gewählt wurde. Für den Thiersheimer Richter hatte der Amtmann zu Thierstein das Vorschlagsrecht. Als um 1525 Christoph von Beulbilz den Gilg Kegler bestimmte, lehnte ihn der Rat ab. Mit diesen Privilegien erhielt Thiersheim 1959
neben Wunsiedel, Kirchenlamitz und Selb 1859 ein Landgericht. Diese
Heraushebung betrachteten viele Nachbarorte mit Neid und Missgunst. Das mittelalterliche Rathaus, einst stand es unmittelbar vor dem Kirchaufgang, musste 1927 abgebrochen werden. Im gleichen Jahr erwarb die städtische Sparkasse Thiersheim mit der Marktgemeinde Thiersheim das ehemalige Landgerichtsgebäude. Seit dieser Zeit dient der Bau als Rathaus. |