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Zu den „Wandersteinen“ von Kleinwendern
Von Dietmar Herrmann

Einführung
Das Dorf Kleinwendern ist ein Ortsteil des staatlich anerkannten Heilbades Bad Alexandersbad im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge. Es liegt abseits jeglichen Durchgangsverkehrs, was das Dorf als ruhigen Erholungsort auszeichnet. Ein Gasthof mit Ferienwohnungen, Übernachtungszimmern und freund-lichen Gastzimmern  bietet beste Unterkunft und Verpflegung. Kleinwendern ist ein idealer Ausgangsort für Spaziergänge und Wanderungen. In unmittelbarer Umgebung trifft man auf interessante Naturschönheiten mit sehenswerten Felsgruppen. Die nahegelegene Luisenburg mit ihren Festspielen auf Deutschlands ältester Freilichtbühne bietet kulturelle Abwechselung. Und in Bad Alexandersbad selbst gibt es durch die Heilquelle (Eisensäuerling) und durch das Bäderhaus „Gesundheit pur“. Im Winter führen gepflegte Langlauf-Loipen durch den Wald.

Ortsgeschichte
Unternehmen wir zunächst einen kleinen Ausflug in die Ortsgeschichte, von der allerdings nur sehr wenig bekannt ist. Im Landbuch der Sechs Ämter von 1499 erfahren wir vom Ortsnamen „Wenndern“. Das Dorf gehört der Stadt Eger und ist zinspflichtig dem Pfarrer von Redwitz (= Marktredwitz). Zum „Halsgericht“ gehören die Bewohner zum Amt Wunsiedel und genießen Schutz durch den Landesherren, dem Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach. Als Gegenleistung müssen sie sogenannten „Schutzhabern“ entrichten. Bei Gemeindegründungen im bayerischen Staat im Jahr 1818 gehört Kleinwendern zur damaligen Gemeinde Leutendorf, 1957 kommt das Dorf zur Gemeinde Bad Alexandersbad.

Noch nicht eindeutig geklärt ist der Ortsname „Kleinwendern“. Es gibt in 16 km Entfernung (Luftlinie) ein Dorf mit dem Namen „Großwendern“, dies ist ein Ortsteil der Stadt Marktleuthen. Was hat es mit den „Wendern“-Orte auf sich? Kleinwendern jedenfalls lag an einer alten Straßenverbindung, die in die Oberpfalz führte. Das Dorf liegt auch in der Nähe der damaligen Luxburg (seinerzeit auch Luchsburg geschrieben), die allerdings schon 1352 zerstört war. Bestand Kleinwendern damals schon und war es evtl. der Meierhof (Versorgungshof) für die damaligen Burgbesitzer? Diese Fragen warten noch auf eine Klärung!

Dorfmuseum
Das Dorfmuseum Kleinwendern ist im ehemaligen Völkl- oder Egerer-Häusl untergebracht. Johann Bartholomäus Egerer war von Beruf Steinmetz, Bildhauer, Zinngrubenbesitzer und Kaufmann. Er hat um das Jahr 1870 das Anwesen in Kleinwendern von der Familie Riedelbauch erworben. Der Aufbau des Dorfmuseums ist untrennbar mit dem Ehepaar Rippert verbunden. Heinz Rippert und Heidi Rippert-Kuhlmann kamen anfangs der siebziger Jahre als Schauspieler auf die Naturbühne der Luisenburg. Im Jahr 1972 erwarben beide das Anwesen mit Scheune. Damit begann auch das Sammeln von Bauernmöbeln, landwirtschaftlichen Geräten, Spinn- und Webgeräten, Pferdeschlitten, Werkzeugen, Keramik und Haushaltsgeräten. Bereits im Jahre 1974 konnte das Dorfmuseum eröffnet werden. Nach dem Tod von Familie Rippert erbte die Gemeinde Bad Alexandersbad das Anwesen und durch ehrenamtliche Kräfte wurde das Dorfmuseum neu konzipiert.

Wenderner Bach
Der Wenderner Bach hat seinen Namen von der Ortschaft Kleinwendern erhalten. Er ist ein rechter Zufluss zur Röslau mit Ursprung in 675 m ü.NN am Osthang des Burgsteins. 1499  wird er „Wenderspach“, 1692 „Kleine Wendern“ oder „Zwendernbach“ genannt. Er fließt durch das Dorf Kleinwendern, schlängelt sich durch Wiesengründe nach Bad Alexandesbad und bildet nach Dünkelhammer ein idyllisches Tal, Demuts-tal genannt. Südlich von Juliushammer mündet er in die Röslau. In Kleinwendern trieb er, in einem künstlichen Kanal („Mühlgraben“) abgeleitet, bereits im 15. Jahrhundert eine Mahlmühle an, in Dünkelhammer wurde die Wasserkraft ab dem 14. Jahrhundert für ein Hammerwerk genutzt. Der Wenderner Bach, für den es leider keine gefasste Quelle gibt, bringt sein Wasser zur Röslau, damit über die Eger zur Elbe und zur Nordsee.

Wenderner Stein
Wandern wir in die nähere Umgebung von Kleinwendern. Südöstlich auf der Anhöhe befindet sich in 686 m ü.NN der „Wenderner Stein“. Es ist ein einzigartiger Phyllithschieferfelsen, 36 m lang, 9 m breit, 15 m hoch. Er ist ein geschütztes Naturdenkmal und wurde in das Naturdenkmalbuch des Landkreises Wunsiedel i. Fichtelgebirge eingetragen. An der Westseite der Felsengruppe sehen wir eine kleine Grotte mit Marienfigur. Früher hatte man von hier oben einen schönen Rundblick.

Blauer Kösseine-Granit
Im Steinhandel gibt es einen „Blauen Kösseinegranit“. Dieser Granit kommt aber nicht auf dem Kösseinegipfel vor, sondern nur in einem schmalen Band nördlich, östlich und südlich des Kösseinemassivs. Von den ehemals acht Steinbrüchen, in denen der blaue Granit abgebaut wurde, finden wir heute (2004) nur noch zwei davon bei Schurbach. Als größter galt aber der bei Kleinwendern, der 1923 eröffnet wurde. Denkmäler oder Brunnen aus Kösseine-Granit findet man in vielen Städten Deutschlands, aber auch in Spanien, Südamerika, USA, Schweden und Ungarn.

Mühlstein und Zigeunerhöhle
Vom Wanderparkplatz am Waldrand führt die Forststraße in westlicher Richtung auf dem Kösseine-Ringweg (Markierung: gelber Ring) zum Mühlstein (728 m ü.NN). Früher hieß die Felsengruppe „Schlageterfelsen“, benannt nach Albert Leo Schlageter. Als dieses Areal zum Versammlungsort von Neonazi wurde, entfernte man die Inschrift im Felsen und benannte ihn in Mühlstein um.
Hinter dem Mühlstein finden wir übereinandergestürzte Felsblöcke, die eine geräumige Höhle bilden. In der Literatur von 1799 wird es das Lager genannt, wo sich öfters Zigeuner versteckten, die in der Markgrafschaft Bayreuth ständiger Verfolgung unterlagen.

Püttnersfels
Folgen wir dem weiß-blau-weiß markierten Wanderweg in Richtung Kösseine, kommen wir zum Püttnersfels, einer 10 m hohen Felsengruppe mit vorgelagertem Blockmeer, der ebenfalls ein geschütztes Naturdenkmal ist (822 m ü.NN). Seinen Namen erhielt das Felsenareal von einem Büttnergesellen, der dort angeblich ermordet wurde.

Wandersteine
Am Waldrand, nördlich des Wanderparkplatzes auf der Wiese, sehen wir einige gerundete Granitblöcke, die im Volksmund „Wandersteine“ genannt werden. Es handelt sich hierbei um Blockströme, die hangabwärts „gewandert“ sind. Das rundliche Granitblockmaterial ist in den Verwitterungsgrus eingebettet, wenn man dies auf den ersten Blick auch nicht feststellen kann. Das Klima der vergangenen Eiszeiten hat den  Boden tiefgründig gefrieren und anschließend wieder auftauen lassen. Die Blöcke wurden dabei zunächst angehoben und dann wieder der Schwerkraft folgend hangabwärts verfrachtet. Mögen das auch nur einige Millimeter gewesen sein, im Laufe von Jahrtausenden wurden dann doch einige hundert Meter daraus.

www.gasthof-pension-riedelbauch.de

Literaturhinweise:
Capeller, F.: Kleinwendern; in: Der Siebenstern 1939, S. 139
Herrmann, Dietmar: Die Kösseine im Fichtelgebirge. Heft 3/1993 der Schriftenreihe des Fichtelgebirgsvereins „Das Fichtelgebirge“
Hilpert, Dieter: Heimat unterm Kösseinestock; Selbstverlag 2003
Hüttner, Jörg: Der Fichtelgebirgsgranit – Werkstoff einer Region. Heft 6/1996 der Schriftenreihe des Fichtelgebirgsvereins „Das Fichtelgebirge“
Jäger, Elisabeth: Wunsiedel 1163 – 1560, I. Band 1987
Müller, Friedrich: Bayerns steinreiche Ecke, Hof 1979
Singer, Friedrich Wilhelm: Das Landbuch der Sechsämter von 1499; 1987 Landratsamt Wunsiedel

 

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