500 Jahre Sechsämterland
Von Dr. Peter Seißer
Vorbemerkung: Die
folgenden, interessanten Ausführungen sind ein Festvortrag
von dem Wunsiedler Landrat und stv. FGV-Vorsitzenden Dr. Peter Seißer
anlässlich des Festaktes des Vereins „Sechsämterland Innovativ
e. V.“ am 29. September 2004 in der Fichtelgebirgshalle in Wunsiedel.
Als 1972 der Landkreis Wunsiedel in der heutigen
Form entstand, wurde heftig um seinen Namen gerungen. Man meinte,
den Bürgern der ehemals kreisfreien Städte Marktredwitz
und Selb nicht zumuten zu können, den Namen der Kreisstadt
Wunsiedel tragen zu müssen.
Nachdem der Name „Fichtelgebirgskreis“ am Widerstand
des anderen Hauptteilhabers am Fichtelgebirge, dem Landkreis Bayreuth,
scheiterte, besann man sich auf den historischen Bezug: S e c h
s ä m t e r l a n d k r e i s. Doch als dieser Vorschlag vom
damaligen Landtagsabgeordneten Otto Kahler im Bayerischen Landtag
eingebracht wurde, erntete er den spöttischen Zwischenruf:
„Das klingt zu sehr nach Schnaps!“
Der Sechsämter, also das Schnapsglas mit
dem Kräuterlikör des Sechsämtertropfens, war durch
die Werbung so im allgemeinen Bewusstsein, dass der historische
Bezug nahezu in Vergessenheit geraten war. Der Sechsämter –
ein Likör? Die Sechsämter – mehrere Gläser davon?
Doch zurück zu den Anfängen.
Die Entstehung
Lassen Sie uns kurz einen Blick auf die Territorialgeschichte
unserer Heimat werfen. Ich erspare mir Ausführungen zur Besiedlungsgeschichte,
obwohl diese insbesondere für die Mundart von entscheidender
Bedeutung war.
Zwischen 1285 und 1415 erwarben die Burggrafen
von Nürnberg, die Hohenzollern, den Innenraum des Fichtelgebirgshufeisens,
also den westlichen Teil des Egerer Reichsgebietes. Wie die anderen
Teile des Herrschaftsgebiets der Hohenzollern im heutigen Ober-
und Mittelfranken wurden auch diese neuen Gebiete verwaltungsmäßig
gegliedert. Die erworbenen Burgen wurden zu Verwaltungszwecken mit
adeligen Amtmännern besetzt: Burg Wunsiedel, Burg Hohenberg,
Burg Rudolphstein mit Weißenstadt, Burg Epprechtstein mit
Kirchenlamitz, Burg Thierstein und Burg Selb. Ranggleiche Amtsleute,
jeweils für ihren Bereich zuständig, saßen auf den
Burgen in den jeweiligen Orten. Lediglich die Steuer– und die Finanzverwaltung
wurde für den gesamten Bereich einheitlich ausgeübt. Der
„Castner“ als oberster Finanzbeamter hatte seinen Sitz in Wunsiedel.
Die Bedeutung Wunsiedels
Eine entscheidende
Rolle im Innenraum des Fichtelgebirges nahm Wunsiedel ein. 1163
erstmals erwähnt, erhielt Burggraf Friedrich III. von Nürnberg
1285 die Lehensherrschaft über die Burg Wunsiedel und ihre
Zugehörungen. Die Burggrafen erkannten bald, dass zur Verwertung
der reichen Bodenschätze des Fichtelgebirges eine Stadt erforderlich
war. Sonst wäre die „Wertschöpfung“ durch die Verarbeitung
und den Handel über die nahe Stadt Eger abgeflossen. Deshalb
verlieh Burggraf Friedrich IV. Wunsiedel bereits 1326 das Stadtrecht.
Wunsiedel, das der Überlieferung nach neben der Burg nur aus
einem Wirtshaus und einer Schmiede bestand, wurde in der Folgezeit
durch die Burggrafen systematisch gefördert und ausgebaut.
Das von Nürnberg über Eger auf Wunsiedel abgeleitete Stadtrecht
war dann auch Vorbild für das Stadtrecht anderer Orte im inneren
Fichtelgebirge, wie Weißenstadt, Kirchenlamitz, Arzberg und
Selb.
In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert,
dass der heutige Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge unter allen
71 bayerischen Landkreisen die höchste Städtedichte aufweist.
Neun der 17 Gemeinden, also mehr als die Hälfte, besitzen heute
das Stadtrecht. Ein großer Teil der Stadterhebungen geht auf
die Burggrafen von Nürnberg bzw. ihre Nachfahren, die Markgrafen
von Kulmbach-Bayreuth, zurück. Bei einigen erfolgte eine Wiedererneuerung
des Stadtrechts im 19. bzw. 20. Jahrhundert und schließlich
kamen noch drei Stadterhebungen in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts
hinzu. Diese ungewöhnliche Städtedichte auf kleinem Raum
zeigt aber auch eine Besonderheit dieses Gebietes. Bergbau und Handel
und ab dem 19. Jahrhundert die Industrialisierung haben es in besonderer
Weise geprägt.
Die Geburt der Sechs Ämter
Der Name dieses
östlichsten Teiles des hohenzollerischen Herrschaftsgebietes
war sehr uneinheitlich. Vereinzelt wurde es als „Land vor dem Wald“
bezeichnet. Daneben finden sich Formulierungen wie „Das Wunsiedler
Land“ oder „Das Wunsiedler Amt“, im militärischen Bereich wurde
es als „Der Wunsiedler Kreis“ bezeichnet.
Um 1490 taucht erstmals der Begriff auf „Die fünf Ämter“.
Obwohl es bereits damals sechs Amtsbezirke waren, wurden die beiden
Ämter Hohenberg und Wunsiedel in Personalunion geführt,
wobei der Amtssitz zwischen Hohenberg und Wunsiedel wechselte. Amtmänner
aus den Familien derer von Schirnding und von Kotzau, die für
die Verteidigung des Raumes in der Zeit der Hussitenkriege und des
Böhmensturmes von großer Bedeutung waren, saßen
abwechselnd in Hohenberg und in Wunsiedel.
1503 verstarb der Wittelsbacher Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut
ohne einen männlichen Nachfolger zu hinterlassen. Sein Versuch,
die der damaligen Zeit entsprechenden Wittelsbacher Hausgesetze
zu umgehen und seine Tochter und seinen Schwiegersohn Ruprecht
von der Pfalz als Erben einzusetzen, um die Münchner Nebenlinie
auszuschließen, führten zum Bayerischen Erbfolgekrieg,
auch der „baierische unfried“ genannt. Der Kulmbacher Markgraf stand
auf der Seite des Kaisers und sollte die Reichsexekution durchführen.
Wohl im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen an der Grenze
zwischen dem markgräfler Gebiet und der Oberen Pfalz steht
die Entscheidung von 1504, dem Amt Wunsiedel wieder einen eigenen
Amtmann zu geben. Damit kann das Jahr 1504 als die eigentliche Geburtsstunde
der Sechs Ämter angesehen werden. Sechs Amtsbezirke mit sechs
Amtmännern.
Amtmann in Wunsiedel wurde 1504 Alexander von Lüchau, der dieses
Amt bis 1523 versah. Dieser von Lüchau hat allerdings bereits
bei seinem Amtsantritt im Zusammenhang mit dem Überfall auf
das Kloster Waldsassen eine zweifelhafte Rolle gespielt. Die Zerstörung
und Plünderung des Klosters gehört zu den unrühmlichen
Taten der Truppen aus dem Hofer Gebiet und den Sechs Ämtern.
Mit der Niederlage bei Ebnath folgte die Strafe aber auf dem Fuß.
Die Erinnerung an den 500. Jahrestag der Schlacht von Ebnath/Schwarzenreuth
wurde ja heuer am 7. und 8. August ausführlich begangen. Die
auf dem Rückweg befindlichen markgräflichen Truppen wurden
am 8. August 1504 von den Soldaten aus der Oberen Pfalz vernichtend
geschlagen. Für die Wunsiedler blieb dieses Ereignis lange
Zeit ein dunkler Punkt in ihrer Geschichte, den man gerne verdrängte.
Wie gesagt, waren diese Ereignisse der Anlass für die Entstehung
der Sechs Ämter. Der Name kam bald in amtlichen Gebrauch, so
in der Überschrift der „Ordnung der Sechs Ambt der Peinlichen
Rechtfertigung am Hl. Kreuzerhöhungstag 1517“.
Die Sechs Ämter bis zur Eingliederung
nach Bayern
Wie sehr sich der
Verwaltungsbegriff „Die Sechs Ämter“ für den Innenraum
des Fichtelgebirgshufeisens eingebürgert hat, sieht man daran,
dass er auch die 1613 eingeführte neue markgräfliche Verwaltungsordnung
überdauerte. Dabei entstanden im Sechsämterland neun Gerichtsbezirke.
Von den sechs Amtsbezirken Wunsiedel, Hohenberg, Weißenstadt,
Kirchenlamitz, Thierstein und Selb wurden drei weitere Bezirke,
nämlich Arzberg, Marktleuthen und Thiersheim als Richterämter
abgetrennt.
An die Spitze dieser straff organisierten Verwaltungseinheit wurde
der Amtmann in Wunsiedel gestellt. Er führte zunächst
den Titel „Hauptmann der Stadt und der Sechs Ämter Wunsiedel“,
später den eines „Amtshauptmannes“. Die Stadt Wunsiedel wurde
damit zur Hauptstadt der Sechs Ämter. Anstelle der vormals
adeligen Amtsleute traten neben dem (adeligen) Hauptmann die meist
bürgerlichen Vögte als markgräfliche Richter.
Der erste Hauptmann der Stadt und der Sechs Ämter Wunsiedel
war Georg Heinrich von Eckersberg (1613 bis 1636), der vorher als
Amtmann in Selb fungiert hatte. An seinem Werdegang wird deutlich,
dass auch damals Verwaltungsreformen nicht viel anders abliefen
als heute. Nachdem das Wunsiedler Schloss beim Brand von 1607 völlig
zerstört worden war, gab es für den neuen Hauptmann der
Sechs Ämter in Wunsiedel zunächst keinen Dienstsitz. Er
blieb deshalb zunächst in Selb wohnen und logierte im Gasthof
„Zum Goldenen Einhorn“. Ab 1615 richtete er im neu erbauten Wunsiedler
Rathaus seine Amtsstube ein.
Nachdem auch die späteren Markgrafen nicht gewillt waren, für
den Wunsiedler Amtshauptmann einen Dienst- und Wohnsitz durch den
Wiederaufbau der Wunsiedler Burg zu errichten, erbaute der Amtsinhaber
Jobst Bernhard von Lindenfels um 1685 einen privaten Amtssitz in
unmittelbarer Nähe des Rathauses und der Stadtkirche. Sein
Nachfahre Leo Bernhard von Lindenfels errichtete dort nach
dem Stadtbrand von 1731 das heute noch bestehende „Lindenfels’sche
Palais“.
Die Landkarten der Sechs Ämter
Interessant ist,
dass auch auf Landkarten des 18. Jahrhunderts die Verwaltungsgebietsbezeichnung
„Sechs Ämter“ verwendet wird, so die „Carte über die Sechs-Aemter“
von F. Friedrich Weiss für die Amtshauptmannschaft Wunsiedel
oder die Sechs-Aemter. Auch Johann Georg Ullmann wählt folgende
Legende für seine Landkarte: „Charte über die AMTSHAUPTMANNSCHAFT
WUNSIEDEL oder sogenannten SECHS AEMTER“. In einer anderen Kartenlegende
heißt es „Wunsiedelische Ammtshauptmannschafft oder die sogenannten
SECHS AEMMTTER“.
Das schönste kartographische Beispiel des 18. Jahrhunderts
sind sicherlich die sechs sogenannten Sechsämterkärtchen
von Johann Georg Ullmann. Die fünf Originalkärtchen befinden
sich heute in der Bücherei des Fichtelgebirgsmuseums. Sie sind
insbesondere wegen ihrer Vignetten häufig beachtete Objekte
der Geschichtsforschung. Zusammen mit den Brüdern Dieter und
Wolf-Rüdiger Hempel ist es mir gelungen, das vor über
100 Jahren verlorengegangene sechste Blatt für das „Ammt Wunsiedel“
zu rekonstruieren. Den Nachdruck dieser sechs Blätter zusammen
mit einer Beschreibung haben wir rechtzeitig zum 500. Jubiläum
der Sechsämter erstellen lassen. Die Mappe mit den Blättern
kann über das Fichtelgebirgsmuseum oder den örtlichen
Buchhandel bezogen werden.
Auch als die Markgrafschaften Kulmbach-Bayreuth und Ansbach durch
Vertrag von1791 preußisch wurden, ging der Begriff „Die Sechs
Ämter“ nicht verloren. Ihren beachtlichsten Ausdruck findet
er in der 1797 von C. C. Baumann, Buchbinder zu Wunsiedel, geschaffenen
Ansicht der Stadt Wunsiedel. Diese Stadtansicht trägt die Unterschrift:
„Wunsiedel Königl. Preusische Haupt Stadt der Sechs Aemter
in Franken. Vom St. Catharinenberg anzusehen“. Ein Nachdruck dieser
Wunsiedler Stadtansicht hat mich seit meinen Studententagen begleitet
und die Wände meiner Wohnungen in Erlangen, Berlin und München
geschmückt. Ich habe immer mit Stolz darauf hingewiesen, dass
ich aus der „königlich-preußischen Hauptstadt der Sechs
Ämter“ stamme. Auch mein Studienkollege Edmund Stoiber ist
wohl so erstmals 1970 in München mit unserer preußischen
„Hauptstadtvergangenheit“ in Berührung gekommen.
Die Sechs Ämter in Bayerischer Zeit
Nach dem französischen Zwischenspiel von
1806 bis 1810 kamen die Sechs Ämter an Bayern. Kurz nach den
Befreiungskriegen gegen Napoleon wurde unter Montgelas im größer
gewordenen Bayern eine Verwaltungsreform durchgeführt. Die
Sechs Ämter wurden in die drei Landgerichte Wunsiedel, Kirchenlamitz
und Selb aufgeteilt. Die Landgerichte waren als untere Staatsbehörden
sowohl Verwaltungs- wie Gerichtsbehörden.
Mit der Trennung von Justiz und Verwaltung im Jahre 1862 wurden
für den Verwaltungsbereich die königlich-bayerischen Bezirksämter
geschaffen. Dabei wurden die beiden Landgerichtsbezirke Wunsiedel
und Kirchenlamitz zum Bezirksamt Wunsiedel zusammengefasst, der
Landgerichtsbezirk Selb kam zum neu geschaffenen Bezirksamt Rehau.
Damit wurde das Sechsämterland verwaltungsmäßig
erstmals durch die Zuordnung eines Teiles zu einem außerhalb
der Sechs Ämter gelegenen Gebiet geteilt. Diese Teilung sollte,
wie bereits erwähnt, 110 Jahre bis zur Landkreisreform im Jahre
1972 andauern. Die gemeinsame Vergangenheit war dann aber auch ein
Hauptgrund, dass sich Selb und der südliche Teil des Landkreises
Rehau 1971 für einen Zusammenschluss mit dem alten Landkreis
Wunsiedel entschieden.
Die Sechs Ämter als Namensgeber
Vor allem seit
dem 19. Jahrhundert sind die Sechs Ämter in vielfacher Weise
als Namensgeber der verschiedensten Produkte aufgetreten. Dies erstaunt
um so mehr, als die historischen Sechs Ämter als Verwaltungsbegriff
bereits längst der Vergangenheit angehört haben.
Ursächlich dafür dürfte vor allem der einheitliche
Sprachraum, der noch heute besteht, gewesen sein. Wenn man von der
Sonderrolle des alten Amtes Weißenstadt absieht, in dem, aus
heute noch nicht abschließend geklärten Gründen
(Zweitbesiedelung?), die fränkische Mundart herrscht, ist die
zum nordbairischen Sprachraum gehörende Sechsämter Mundart,
trotz ihrer örtlichen Besonderheiten einigendes Band der Sechs
Ämter. Neben vielen anderen kommen hier vor allem Otto Schemm,
Arzberg, besondere Verdienste um die Pflege der Sechsämter-Mundart
zu.
Varianten wie die Mundart weist auch die seit der Mitte des 20.
Jahrhunderts erneuerte Sechsämtertracht auf. So ist insbesonders
die Farbgebung in Leupoldsdorf, Arzberg, Marktleuthen oder Wunsiedel
jeweils eine andere. Die historischen Belege für die Kleidung
hat vor allem Dr. Friedrich Wilhelm Singer in seinen Büchern
„Sechsämterischer Kloida-Schrank“ zusammengetragen.
Bereits im September 1850 erscheint erstmals auf dem Kopf einer
Zeitung der neue Name „Bote aus den Sechs Ämtern“. Interessant
ist, dass sie damals durch die Familie Beer im nicht zum historischen
Sechsämterland gehörenden Marktredwitz herausgegeben wurde.
Erst später war Wunsiedel der Verlagsort, wo sie mit kriegs-
und nachkriegsbedingten Unterbrechungen bis zum 1.11.1971 unter
diesem Namen erschien. Anstelle des doch etwas umständlichen
Zeitungsnamen „Bote aus den Sechs Ämtern“ wurde im Umgangssprachgebrauch
zumeist von dem „Boten“ gesprochen. Dies veranlasste die Herausgeberfamilie
Beer/Keltsch ab November 1971 die Zeitung in „Sechsämterbote“
umzunennen, unter dem sie bis zum 29.2.1988 als selbständige
Zeitung erschien. Seit dem wird sie so als Untertitel der Wunsiedler
Ausgabe der Frankenpost geführt. Interessant ist, dass bereits
in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Wappen der sechs Amtsorte
im Zeitungskopf erschienen. Seit dieser Zeit werden die Sechs Ämter
auch bei anderen Produkten häufig mit den Namen der sechs Hauptorte
und ihren Gemeindewappen dargestelt.
Auch die Arzberger Heimatzeitung erwies seit 1908 mit ihrem Titel
„Sechsämter Neueste Nachrichten“ ihre Reverenz an die gemeinsame
Vergangenheit. Ebenfalls ist dieser Zeitungsname noch heute Untertitel
für die Arzberger Ausgabe der Frankenpost.
Der bedeutendste Namensträger ist zweifelsohne der Sechsämtertropfen,
der diesen Namen 1895 durch den Likörfabrikanten Gottlieb Vetter
erhielt. Auch hier begegnen uns die 6 Wappen der Sechs Ämter-Orte
auf dem Etikett.
Als selbständiger lokaler Sängerbund entstand 1892 neben
dem fränkischen Sängerbund der Sechsämter Sängerbund.
Er hat seinen Sitz seit seiner Gründung in Arzberg. Neben Chorvereinigungen
aus dem Sechsämterland gehören ihm heute auch Chöre
in Schwarzenbach a. d. Saale, Konnersreuth und Waldershof an, also
aus Orten außerhalb der historischen Sechs Ämter.
Auch für Tiere und Pflanzen wurden die Sechs Ämter zum
Namenspaten. Leider ist die alte Sechsämterrasse, eine rot-braune
Rinderrasse, inzwischen ausgestorben, so dass sie nur noch auf Bildern
bewundert werden kann. Auch in der Saatzucht, die seit der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts im inneren Fichtelgebirge eine besondere Rolle
spielte, waren die Sechs Ämter Namensgeber.
Ich bin sicher, nicht alle Einrichtungen aufzählen zu können,
die den Namen der Sechs Ämter noch heute tragen. Dies beginnt
beim „Ärztlichen Kreisverband Sechsämterland“ und geht
über die „Waldbesitzervereinigung Sechsämterland“, den
„Pferdestall Sechsämterland“ in Haag bei Marktredwitz und Wirtshausnamen
bis zum „Reisebüro Sechsämterland“ in Wunsiedel.
Selbst die Motocross-Strecke in Höchstädt trug bis vor
wenigen Jahren den Namen „Sechsämterring“. Auch der Verein
„Sechsämterland Innovativ e. V.“ mit seiner jährlich gekürten
Sechsämterlandkönigin und die „Sechsämterland-Holztage“
sind erst in jüngster Zeit entstanden.
Schlussbemerkung
Die letzten Bemerkungen zeigen, dass der historische
Begriff „Die Sechs Ämter“ zunehmend durch den Begriff „Das
Sechsämterland“ ersetzt wird.
Als nach 1978 Holenbrunn nach Wunsiedel eingemeindet wurde, gab
es plötzlich zwei Bahnhofstraßen in der Stadt, die natürlich
zu Verwechslungen führten. Deshalb entschloss sich der Wunsiedler
Stadtrat, die Wunsiedler Bahnhofstraße umzubenennen, nachdem
sie im Unterschied zu Holenbrunn nicht mehr zu einem in Betrieb
befindlichen Bahnhof führte. Mein damaliger Fraktionsvorsitzendenkollege
Monsignore Heinrich Benno Schäffler schlug für die Wunsiedler
Bahnhofstraße als neuen Namen Sechsämterlandstraße
vor. Mir persönlich hätte Sechsämterstraße
zwar grundsätzlich besser gefallen, ich musste aber akzeptieren,
dass dann wieder der eingangs erwähnte „Schnapsbezug“ hergestellt
worden wäre, dem schon im Sechsämtergässchen Rechnung
getragen wird. So kann es jedem überlassen bleiben, ob er von
der „Sechsämterland-Straße“ oder „Sechsämter-Landstraße“
spricht.
In besonders schöner Weise wird die Liebe zu unserer SechsÄmter-Heimat
ausgedrückt im Sängerspruch von Wolfgang Heinrich Schönauer,
der, vorgetragen von Mitgliedern des Sechsämter Sängerbundes,
den Abschluss des heutigen Festaktes bildet: „Sechsämterland
mein Heimatland“.
(Aus der Zeitschrift des Fichtelgebirgsvereins
„Der Siebenstern“, Heft 6/2004. Die Zeitschrift erhalten FGV-Mitglieder
kostenlos zugesandt.
Siehe www.fichtelgebirgsvereins.de ) |