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Ein „Geleitbrief“ des Bergamtes Fichtelberg von 1789 für den Knopfhändler Georg Bart aus Geyersberg

Horst Pecher

Wie mag es wohl zugegangen sein in der schon längst verfallenen Glashütte am Fuße des Ochsenkopfs oberhalb von Neubau, wo man im vergangenen Sommer 2004 reiche Überreste ausgegraben hat? Glasknöpfe mit und ohne Metallösen, zum Teil bunt mit Email bemalt, auch Butzenscheibenteile, dazu geschmolzene Glasreste, Schlacken und Hafenreststücke kamen dort am sog. Försterweg ans Tageslicht. Schon lange vor dieser wissenschaftlich gut vorbereiteten und fachmännisch durchgeführten Ausgrabung fanden Einheimische an dieser Stelle gläserne Schätze aus längst vergangener Zeit. Aus welcher Zeit genau, werden sicherlich die weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen ergeben.

Schon sehr früh verbreitete sich im Zentralstock des Fichtelgebirges die geheimnisvolle Kunst des Glasmachens. Sicher nachgewiesen ist bereits 1494 eine Hütte in Bischofsgrün und noch vor 1600 arbeiteten fleißige Glasmacher auch in den Täler der Steinach und Fichtelnaab.

Im Jahre 1590 hatte der tatkräftige, aus Bischofsgrün stammende Johann (Hans) Glaser eine gut gehende Knopfglashütte aufgebaut. Der Name des jetzigen Warmensteinacher Ortsteils „Hütten“ erinnert noch daran, wo seine Glashütte einst stand. Ein paar Jahre später, 1602, brachte Glaser an vorderster Stelle in einer „Gewerkschaft“ von sechs einflussreichen, kapitalkräftigen Männern den Bergbau am Gleisingerfels, etwa auf halbem Weg zwischen Hütten und Neubau, in Schwung und half mit, eine bald blühende Eisenindustrie im obersten Fichtelnaabtal aufzubauen. Die o.g. Ausgrabungsstätte am Försterweg liegt nur ca. zehn Gehminuten vom Gleisingerfels entfernt.
   
Noch heute findet man auf manchen Wiesen und Waldrändern um das zur Gemeinde Mehlmeisel gehörende, von hohem Wald umschlossene Neugrün gläserne „Paterln“, wie die Einheimischen sagen. Bisher kamen die Nachforschungen über die einstige Glashütte in dieser Ortschaft  noch nicht zu genaueren Ergebnissen und Daten. Dass dort vor langer Zeit schon Glasknöpfe hergestellt wurden, überliefert die  durchaus noch gebräuchliche Redensart unter den Bewohnern des obersten Fichtelnaabtales: „M(w)ir genga af Gloshütten“, womit gemeint ist, dass sie nach Neugrün gehen.

Welchen Umfang die Glasindustrie im Steinach- und Fichtelnaabtal im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts angenommen hatte, wird aus den Akten der ehemaligen „Vizinalbahn“ (Eisenbahnstrecke) Neusorg – Fichtelberg von 1884/91 ersichtlich: „In den Ortschaften Hütten, Oberwarmensteinach, Warmensteinach und Unterlind gehen 6 Glasperlenhütten mit sieben Öfen. 280 Glasarbeiter und 390 Hilfsarbeiter finden in ihnen Arbeit und Brot. ... In den Orten Fichtelberg, Unterlind, Ebnath, Neubau, Ober- und Warmensteinach stehen 13 Schleif- und Polierwerke im Betrieb.“

Im Anwesen des Fichtelberger Ortsteils Hüttstadl - St.Veit Nr. 11, Inge und Josef Kastner, hat ein „Geleitschreiben“ des kurfürstlichen Berg- und Hüttenamtes Fichtelberg, ausgestellt für den „Unterthanen“ Georg Barth, die lange Zeit von mehr als 200 Jahren sehr gut überstanden.

Text des Geleitbriefes:

Nachdem Vorzeiger dieß Georg Bart dießortig Churfürstl. Bergamts Unterthan am Geyersberg durch das ganze Heil. Römische Reich und K. K. Erbländer hauptsächlich aber in den Niederlanden mit steinern Knöpfen auf ein Jahr lang der Verhandlungswillen sich zubegeben des Vorhabens ist, so hat er das geziemend und gehorsame Ansuchen bey hinuntstehend Chrftl. Amte dahin gestellet, daß ihm von Amtswegen ein glaubwürdiges Attestat seines ungehinderten Fortkommens halber möge ertheilet werde.

Wie zumalen man nun an diesen Gesuch einiges Bedenken zutragen keine Ursach vorhanden, über dieß auch allhier (dank dem Allerhöchsten) gesunde Luft vorhanden, und das Mindeste von einer ansteckenden Krankheit nicht zuverspüren ist; als werden vermög diß alle Hoch- und Niedern sowohl civil als Militar Obrigkeits Persohnen nach Stands gebühr geziemendst ersucht, oberdeuten Barth jeden Orts Sicher- und Ungehindert Paß- und Epassieren zu lassen, ein welches von hieraus in derley und ander Begebenheiten bestens erwidert werden soll.

Actum den 25. Februar 1789

Churf. Pfalz-Bayerisches Bergamt Fichtlberg

Franz Korbinian Maier
Bergamtsoberverweser

Von Anfang seines Bestehens besaß das ursprünglich kurpfälzische, ab 1623  kurbayerische Bergbauunternehmen „Gottesgab am Fichtelberg“ die Berechtigung derartige amtliche Bescheinigungen wie diesen Pass auszustellen. Auch für  den Knopfhändler Georg Barth, „Unterthan des Churfürstlich Pfalz-Bayerischen Bergamtes Fichtelberg“ aus der „bergamtischen Ortschaft Geyersberg“, das heutzutage zur Gemeinde Warmensteinach gehört.

Franz Korbinian Maier, damaliger Bergamtsoberverweser, also oberster Verwalter  des Berg-und Hüttenamtes Fichtelberg, bestätigte ausdrücklich, dass „allhier“ in seinem Bergamtsbezirk „gesunde Luft vorhanden“ und keinerlei ansteckende Krankheiten „zuverspüren“ waren. Es bestünde deshalb keinerlei Gefahr, dass Georg Barth ansteckende Krankheiten einschleppen könnte. Sehr höflich ersuchte deshalb Korbinian Maier  alle zivilen und militärischen Personen, den Passinhaber sicher und ungehindert ein- und ausreisen zu lassen.

Der Knopfhändler hatte scheinbar die Absicht in die Niederlande zu reisen, um seine „steinern Knöpfe“, womit Glasknöpfe aus Proterobasgestein gemeint waren, zu verkaufen. Wie so manche anderen Kaufleute wie die Flößer hoffte er dort besonders gute Geschäfte zu machen. Die Niederlande besaßen viele Kolonien. Glitzernde Schmuckstücke waren bei den Ureinwohnern in den überseeischen Ländern begehrte Tausch- und Geschenkartikel. Wo werden seine Paterl und Glasknöpfe wohl schließlich getragen worden sein? Darüber und ob er überhaupt gute Geschäfte gemacht hat, ist leider nichts überliefert.

Literatur:
Dr. Albert Schmidt, Die Geschichte der Glasperlenfabrikation im Fichtelgebirge, Archiv für Geschichte von Oberfranken, 1899
Frieda Maria Veh, Die Glasknopf- und Glasperlen-Industrie im Fichtelgebirge, Bayer. Jahrbuch für Volkskunde, 1964/65
Dietmar Herrmann, Paterlmacher und Knopfhütten, Beiträge zur Geschichts- und Landeskunde des Fichtelgebies: Der Ochsenkopf im Fichtelgebirge
Michael Neubauer, Geschichte(n) rund um den Ochsenkopf, Glas und Eisen, Frankenpost Hof

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