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Vom Wetter und anderen Naturerscheinungen im Fichtelgebirge
Werner Bergmann

Napoleon urteilte einmal über das Klima in Deutschland, hier wären neun Monate lang Winter und drei Monate lang kein Sommer. Auch unsere engere Heimat wurde schon immer als rauh, kalt, schneereich, naß und windig beschrieben. Über die Witterungsverhältnisse am Nordrand des Fichtelgebirges und deren Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen besitzen wir archivalische Aufzeichnungen in großer Zahl. Die Nachrichten über unser Wetter reichen bis in das 15. Jahrhundert zurück und sind teilweise köstlich zu lesen. In alter Zeit blieben Naturerscheinungen oft lange in der Erinnerung der Bevölkerung haften und man findet dann in den Quellen anstelle einer zuverlässigen Jahreszahl beispielsweise den Hinweis: 20 Jahre nach dem trockenen Sommer.

Kälte, Schnee und Eis

1441 schneite es in einem Winter 36 Tage aufeinander und drei Generationen später vermerkt der Schreiber des ältesten Selber Stadtbuches: Item zu gedenckenn: Im jar 1530 ist ein großer Schnee in der nacht des heiligen warleichnams [Fronleichnams, 16. Juni] ergangen und dan dernach ein große Teuerung. In Kirchenlamitz konnte 1674 die Ernte nicht rechtzeitig eingebracht werden und es ist noch viel Getreide und Grumet auch Flachs drausen gewesen als es Winter wurde. Im Januar 1709 war eine so große Kälte, die drei Wochen gedauert hat, daß Leute, Vieh und Obstbäume erfroren sind. Auch 1725 war ein kalter Winter. Im Kirchenlamitzer Forst sind über 50 Stück Wild erfroren. Der ebenfalls extrem kalte Winter von 1740 fing schon am 6. Oktober 1739 an und dauerte bis in den März. Aus der Chronik entnehmen wir weiter, daß am 24. März 1770 so viel Schnee gefallen und eine so große Kälte gewesen sei, daß die Lerchen in die Stadt geflogen und viele gefangen und umgekommen sind. Am 9. Mai 1795 fiel ein so kaltes Wetter ein, welches bis zum 28. des Monats anhielt, und am 14. Mai schneite es 6 Zoll tief, [etwa 15 cm] wehte die Wege zu, drückte die jungen Bäume in den Gärten um und an manchen Orten erfror das Korn. Im November hat es ½ Schuh tief geschneit (etwa 15 cm). Der Schnee blieb nur acht Tage liegen.1799 war ein so strenger Winter, daß Vögel und Hasen und viele Kartoffel in den Kellern erfroren. 1802 war ein sehr kalter und stürmischer Winter. Zwei junge Männer aus Weißenstadt erfroren auf ihrem Heimweg von Sparneck. Der eine wurde bis zum Frühjahr nicht gefunden, obgleich oftmals mehrere Hundert Personen nach ihm gesucht hatten und er etwa 100 Schritte von dem anderen gelegen war. Es ging die Schlittenbahn über ihn weg. Noch im Mai war es notwendig, die Wege auszuschaufeln, daß man düngen konnte und die Totengräber mußten bei der Kirche Bahn machen. 1865 schneite es bis Ende März. Dabei kam viel Wild, wie Hasen, Rehe und Rebhühner infolge Nahrungsmangel um. Im Flurbezirk von Kirchenlamitz wurden allein an die 30 Stück Rehe gefunden. Am 17. März ist der Steinhauer Raithel von Hallerstein am Förmitzer Weg bei der Pechlohe erfroren. Er wollte am Abend zuvor von der Schieda nach Hallerstein gehen, ging fehl und wurde früh auf dem Platze gefunden. Man hatte ihn bis in den Markt herein schreien hören.

Regen, Sturm und Hagel

1542,  freitag vor Maria Magdalena [22. Juli], erhub sich ein ungestum wetter, daß zu Kirchenlamitz stein gefallen, wie huner- und genseyer, item so groß als ein mansfaust, berichtet uns der Magister Enoch Widman in seiner Hofer Chronik. 1681 hat es im November und Dezember 8 Wochen ununterbrochen geregnet. 1715 war 4 Tage lang ein außerordentliches Regen- und Sturmwetter, welches fast den 4. Teil des Waldes umgerissen und an den Häusern großen Schaden angerichtet hat. Am 23. Mai 1720 war ein schreckliches Hagel- und Donnerwetter. Die Hagelschlossen lagen Fußtief und waren so groß wie ein Hühnerei. Zugleich war eine große Wasserflut. Acht Jahre später ist es am 14. September früh um 7 Uhr ganz finster geworden, so daß der Pfarrer auf der Kanzel hat aufhören müssen zu lesen. Es hat Schlossen geworfen so groß wie eine Faust. Am 11. Februar 1756 ist in der Nacht ein so großer Sturm gewesen, daß es auf dem Kirchturm zu Kirchenlamitz die Fahne verbogen hat. 1768 war am 4. Mai ein sehr schweres Gewitter, wobei es stark regnete. Das Wasser hat in Kirchenlamitz vielen Schaden an den Feldern angerichtet, die Gassen zerstört und ist so stark angeschwollen, daß es bei den Toren herein und dem Nikolaus Kögler zum Fenster hinein gelaufen und den großen Kreuzstein über 10 Schritte weit weggerissen hat. 1845 schwoll am 30. Mai und 8. Juni der Lamitzbach infolge der mit starken Gewittern stattgefundenen wolkenbruchähnlichen Regengüsse derartig an, daß selbst die ältesten Einwohner sich einer ähnlichen Wasserflut nicht erinnern konnten. Die 9-jährige Tochter des Bäckermeisters Adam Schirmer fiel von einem Steg aus ins tiefe Wasser und wurde von der wütenden Flut mit fortgerissen. Der Bürger und Schuhmacher Konrad Hering entschloß sich unter eigener Lebensgefahr ins Wasser zu springen und das dem Tode nahe Kind heraus zu ziehen und zu retten.

Blitz und Donner

Anno 1530, corporis Christi [Fronleichnam, 16. Juni] in der nacht, hat das wetter in den kirchthurm zu Kirchenlamitz geschlagen und den Langheinrich [Heinrich Lang], so zum wetter geleutet, am strang erschlagen, wie dann auch das Korn umb den selben mark verderbt worden. Pfarrer Fehr berichtet uns in seiner Weißenstädter Chronik davon, daß am 7. August 1667 das Wetter am hellen Mittag in dem Dorfe Grub begonnen hat und 9 Häuser und 9 Stadel eingeäschert wurden. Am 4. September 1671 früh 6 Uhr hat der Blitz in Weißenstadt im Kirchturm eingeschlagen und die Balken in Brand gesteckt. Das Feuer konnte rasch gelöscht werden. Anders ging es am 24. Mai 1679, als am frühen Morgen gegen 4 Uhr ein heftiges Gewitter in den Talkessel zwischen Rudolfstein und Waldstein hineinzog und innerhalb einer Viertelstunde 3 Blitzschläge den Kirchturm trafen und zwar in der Weise, daß die einzelnen Einschlagpunkte einen Schuh voneinander entfernt waren und ein gleichseitiges Dreieck bildeten. Nach den ersten beiden Blitzen bestiegen löschbereite Männer den Turm. Der 3. Schlag aber schleuderte 14 dieser mutigen Leute von den Stiegen herab. Sie waren teils betäubt, teils hatten sie Arme ausgekugelt oder anderen Schaden genommen. Doch war niemand zu Tode getroffen. Alle mußten nacheinander aus dem Turm getragen werden. Am 13. Juli 1748 hat in Kirchenlamitz der Blitz in der unteren Mühle eingeschlagen ohne zu zünden. Aber am 8. Mai 1760 wurde Johann Plechschmidt von Kleinschloppen in seiner Stube vom Blitz getötet. Auch 1794 gab es sehr viele und schreckliche Gewitter. Am 21. Juni schlug in Weißenstadt zu Mittag um 1 Uhr bei einem Metzger der Blitz ein, zündete das Dach an, schlug dessen Frau taub, dem Kinde, welches die Mutter an der Brust hatte, tat es nichts. In der Zeit, da die Leute dieser Frau nach Hause zugelaufen waren, schlug der Blitz in das Wohnhaus des Stadtschreibers ein, wo zwei Kinder ganz alleine waren und schliefen: Es zerriß den Ofen, woran die Kinder sehr nahe lagen, die nicht verletzt wurden. 1805 gab es im Juni viele große Wassergüsse, dergleichen seit Menschengedenken nicht waren. Als wenige Tage nach dem denkwürdigen Königsbesuch die Holzhauer auf dem Epprechtstein die vielen Windbrüche aufräumten und das Holz in Klaftern schlichteten, erfaßte sie ein großer Schrecken, denn, so erzählt die Legende, plötzlich lag der gefährliche Burgfelsen, wahrscheinlich durch einen Blitzstrahl getroffen, in Stücken vor ihnen.

Lang anhaltende Dürre

Infolge Trockenheit mußte 1685 viel Vieh geschlachtet werden, was die Lebensmittelpreise nach unten drückte, so daß eine Kuh bereits für 2 Taler zu kaufen war. Auch 1713 war eine große Dürre. Man konnte kein Getreide für Geld erhalten. Manche Familien hatten 2 und 3 Tage kein Brot im Hause. 1746 hat es von Johanni bis Jakobi nicht geregnet, so daß viele Brunnen vertrocknet sind. 1770 war Mißwuchs in allen Landen, so daß 1771 schon kein Vorrat mehr da war und der Hunger erst recht angegangen, daß die Menschen Gras gegessen haben. 1800 war ein so trockener Sommer, daß die meisten Mühlen stehen blieben, weil es zwei Monate nicht geregnet hatte. So wurde in vielen Orten das Getreide nur geschroten. In Hof wurde kein Brot mehr gebacken und in Hallerstein eine Windmühle gebaut. 1817 mußten die Menschen wegen der vorigen Mißernte sehr viel Hunger ausstehen. Es wurden aller Orten auf herrschaftlichen Befehl Verpflegungs-Anstalten eingerichtet aber dennoch war der Jammer groß. Bereits im Frühjahr hatten sich viele Menschen mit Queckenwurzel und allerlei Kräutern als Nahrung bedient. Viele bekamen davon Geschwülste und schwankten kraftlos einher. Am 19. Juli blieb ein Kirchenlamitzer Holzhauer vor Mattigkeit im Walde liegen und mußte heimgefahren werden, wo er nach einigen Tagen an Unterernährung starb. Viele arme Leute haben Kleie gebacken und gegessen.

Große Hitze

Eine afrikanische Hitze bescherte dem sonst rauhen Fichtelgebirge der denkwürdige dürre Sommer von 1540. Monatelang fiel kein Regen. Während Bäche versiegten und Mühlen stillstanden, starben Waldtiere lechzend an den ausgetrockneten Quellen. Ihr Notgeschrei erfüllte die Lüfte. In Bayreuth kostete eine Maß frisches Wasser 4 Pfennig, aber eine Maß Wein nur drei Pfennig.
Am 5.  Januar 1796 war es so warm, daß mehrere Leute barfuß gingen. Im Sommer des Jahres 1800 bekam das Vieh böse Mäuler und Füße vor Staub und Hitze. Bei Rehau brannte ein Stück Wald ab, desgleichen auch bei Bischofsgrün. 1842 war der Sommer sehr heiß. Es vertrockneten viele Brunnen und man war besorgt nicht mehr mahlen zu können. Es regnete 18 Wochen lang nicht und wenn es regnete löschte es kaum den Staub. Die Wiesen sahen ganz rot aus und es konnte auf vielen wenig oder oft gar kein Grummet gemäht werden.

Heuschrecken, Würmer und Raupen

Über eine Heuschreckenplage aus dem Jahr 1542 berichtet uns wieder Magister Enoch Widman: Dieses jar, im augustmonat, circa assumtionis Mariae [15. Aug.], sind gewaltige, grosse hewschrecken durch das land geflogen ... welche die ubrigen frucht uf dem feld, als hirs, habern, hanf, kraut und anders, was sie gefunden, alles verzehreten. Sie waren wunderseltzamer gestalt, als hetten sie eyserne hute uf den kopfen, so hart als ein horn, auch besprengte flugel, gleich als mit arabischen buchstaben beschrieben. Im Sommer 1693 fand sich eine unbeschreibliche Menge Heuschrecken von gelber, weißer, roter und blauer Farbe in der Gegend von Selb, Spielberg, Rehau und Wunsiedel ein. Dadurch entstand eine ziemliche Teuerung. 1719 ist wenig Getreide, Korn, Kraut und Heu gewachsen. Vom 24. bis 26. Juli fraßen die Würmer das Getreide und den Flachs vom Feld. Im Juni 1720 gab es viele und große Kohlweißlinge, die, sobald man sie in die Hand nahm, ein Wicken groß Blut von sich fallen ließen.

Andere Naturerscheinungen

Am 17. Juni 1415 ist eine so große Finsternis gewesen, daß die Vögel wegen dieser auf die Erde gefallen sind. Auch 1706 war eine so große Sonnenfinsternis, daß man zwischen 10 und 11 Uhr die Sterne eine viertel Stunde lang am Himmel sehen konnte.
1720 spürte man am 1. Juli mittags zwischen 11 und 12 Uhr und nachmittags um 3 Uhr ein starkes Erdbeben. Auch 1757 kam es am heiligen Abend um 6 Uhr zu einem starken Erdbeben.
1858 war in den Herbstmonaten ein Komet am Himmel sichtbar, derselbe erreichte zum Anfang des Monats November seinen höchsten Glanz und seine größte Entfaltung. Die Länge des Schweifes berechnete sich auf wenigstens 2 Millionen Meilen.
Auch gute Zeiten
1794 war ein sehr frühes Jahr. Die Apfelbäume blühten vor Walburgi, der Lein wurde Mitte Mai gesät, die Krautpflanzen gesteckt und in der Woche nach Jakobi geschnitten. Nach langer Hitzeperiode gab 1772 Gott endlich früh und spät Regen. Alles wuchs aufs lieblichste. Der Arme war froh, der Verschmachtete fing wieder an zu leben und die Kinder freuten sich aufs neue Brot.

Verwendete und zitierte Literatur
1.      Chronik des Marktes Kirchenlamitz. 1865 abgeschrieben aus der Chronik des ehemaligen Bürgermeisters Georg Adam Clarner und jener des Webermeisters Christoph Kösler. Gebundenes handschriftliches Manuskript, StadtA Kirchenlamitz.
2.      Fehr: Aus der Geschichte der Stadt und Kirchengemeinde Weißenstadt. Nachdruck herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde, o. J.
3.      Singer, Friedrich Wilhelm: Alte Armut im Sechsämterland. Arzberg 1997.
4.      Enoch Widmanns Chronik der Stadt Hof. In: Meyer, Christian: Quellen zur Geschichte der Stadt Hof. Hof 1894.
Dieser Aufsatz erschien in der Vereinszeitschrift des Fichtelgebirgsvereins e.V. Der Siebenstern 2005, S. 179 – 182

 

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