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Die „Drei-Landkreis-Ecke“ bei Nagel
Dietmar Herrmann

Die Ortsgeschichte der Gemeinde Nagel ist vielschichtig und interessant, was die territoriale Zugehörigkeit des Gemeindegebietes in früheren Jahrhunderten anbelangt. Ortsteile gehörten politisch zu Pfalz-Bayern oder zum Markgrafentum Bayreuth bzw. zur Provinz Bayreuth des Königreichs Preußen. Das Verwirrspiel um einstige Landesgrenzen ging sogar so weit, dass im Ortsteil Reichenbach ab dem Jahr 1536 die Grenze zweier Landesfürsten mitten durch die Stube eines Hauses ging. Der Fichtelgebirgs-Chronist Johann Will schreibt im Jahr 1692 in seinem „Teutschen Paradeiß in dem vortrefflichem Fichtelberge“, dass die Grenze durch Heinrich Langen Stube streicht, dass der Ort zur Linken mit samt dem Kachelofen pfälzisch sei, das Eck aber, wo der Tisch steht und die Stuben- und Haustür auf markgräflich-brandenburgischem Gebiet liegt. Noch heute heißt es im Volksmund, wenn von Reichenbach die Rede ist: „Gekocht wird in der Pfalz, gegessen in der Markgrafschaft“.

Beginnen wir bei der Nachforschung neuerer Grenzverhältnisse im Jahr 1803, als in der letzten Sitzung des „Immerwährenden Reichstags“ in Regensburg am 25. Februar der Reichsdeputationshauptschluss beschlossen wurde, der ein Entschädigungsplan zwischen Frankreich und Österreich war. Es war das letzte große Gesetz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Nagel, Lochbühl, Mühlbühl, Ölbühl und Katholisch-Reichenbach kommen zur damaligen Provinz Bayreuth des Königreichs Preußen. Die Provinz wird 1806 von Truppen Napoleons besetzt und steht unter französischer Verwaltung. 1810 geht der Landstrich an das Königreich Bayern über, wo 1818 Ruralgemeinden gegründet werden. Sitz der Gemeindeverwaltung von Nagel war zunächst der Rittersitz Fahrenbach, 1832 erfolgt die Verlegung der Gemeindeverwaltung nach Nagel, jetzt ist die Gemeinde endgültig „geboren“.

Betrachten wir die Entstehung der bayerischen Regierungsbezirke und Landkreise. 1808 wurden 15 bayerische Regierungs-Kreise gebildet, Nagel gehörte zunächst zum Mainkreis wie auch Kemnath und Tirschenreuth, dann zum Obermainkreis. Ab 1837 ging man anstelle von Flussnamen zu Landesbezeichnungen über und schaffte in Nordbayern unter anderem die Kreise Oberfranken und Oberpfalz, ab 1938 hießen die Kreise dann Regierungsbezirke. Nagel lag nun im Regierungsbezirk Oberfranken und grenzte mit seinem Gemeindegebiet an den Regierungsbezirk Oberpfalz. In Bayern gab es 1804 Landgerichte und als 1862 die Trennung von Justiz und Verwaltung erfolgte, gab es Bezirksämter, die ab 1938 Landkreise genannt wurden, was bis heute gilt. Die Gemeinde Nagel liegt im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge und durch ihre südliche Randlage grenzt sie an die Nachbarlandkreise Tirschenreuth und Bayreuth. Wo diese Landkreise genau zusammentreffen, kann man auf der Topografischen Karte des Landesvermessungsamtes Bayern genau feststellen: unmittelbar westlich des Ortsteils Lochbühl. Seit Juli 2006 kann man die Stelle aber auch in der Nagler Flur sehen, denn sie wurde mit einem Gedenkstein markiert.

Am 7. Juli 2006 hat die Gemeinde Nagel den Rundwanderweg „Das Teutsche Paradeiß“ eingeweiht, der durch die Gemeindeflur führt und auch zu der Stelle kommt, bei der die Landkreise Wunsiedel, Bayreuth und Tirschenreuth zusammentreffen. Und schon hat diese besondere Stelle einen eigenen Namen erhalten: “Drei-Landkreis-Ecke“. Der dreieckig nach oben spitz zulaufende Granitstein stammt aus dem Zufurt-Steinbruch bei Tröstau-Leupoldsdorf, weiß Hans König, zweiter Bürgermeister der Gemeinde Nagel und Initiator des Rundweges zu berichten. Steinmetzmeister Thomas Deyerl hat die Landkreiswappen eingemeißelt und Ludwig Schindler hat sie farbig ausgestaltet. Auf das Anbringen der Landkreisnamen wurde bewusst verzichtet, denn so müssen sich die Wanderer beim Besuch des Gedenksteines Gedanken darüber machen, welches Wappen zu welchem Landkreis gehört. Für Schulklassen wäre die „Drei-Landkreis-Ecke“ bei Schulwandertagen genau der richtige Ort für eine Erläuterung der Heimatgeschichte. Jedes Landkreiswappen beinhalte nämlich in heraldischer Hinsicht die Geschichte seiner Region, die in dieser Ecke besonders vielfältig ist und für Jedermann nun deutlich zu Tage tritt.

Wappen des Landkreises Wunsiedel i. Fichtelgebirge

Das Wappen des 1972 neu gebildeten Landkreises spiegelt die Traditionen aller bisherigen und neu hinzu gekommenen Gebiete wieder. Der obere Teil mit der Hohenzollernvierung, die bereits im Wappen des alten Landkreises enthalten war, deutet auf die Verbindung des „Sechsämterlandes“ mit dem Nürnberger Burggrafengeschlecht hin. Der dem Landkreis eingegliederte südliche Teil des ehemaligen Landkreises Rehau wird ebenfalls durch die Hohenzollernvierung repräsentiert. Der halbe schwarze Adler auf gelbem Grund aus dem Wappen der ehemaligen kreisfreien Stadt Marktredwitz weist auf deren historische Verbindung zur freien Reichsstadt Eger hin. Das silberne Hirschgeweih auf rotem Grund, ein Teil des Herrschaftszeichens des Geschlechts der Forster, ist dem Wappen der ehemaligen kreisfreien Stadt Selb entliehen.

Wappen des Landkreises Bayreuth

Die Hauptfigur ist der rote Adler mit den Kleestengeln aus dem Wappen der zollerischen Markgrafen von Bayreuth nach Erringung der Kurfürstenwürde 1415 als Zeichen der Mark Brandenburg übernahm. Bis 1791 war das Kreisgebiet Kernstück des Markgrafentums, die heutige Kreisstadt seit 1542 Sitz der fürstlichen Kanzlei und nach 1603 auch der Hofhaltung. Aus den preußischen Kammerämtern Bayreuth und Weidenberg wurde 1812 die gleichnamigen bayerischen Landgerichte formiert. 1862 vereinigte man sie zum Bezirksamt Bayreuth. Schon 1857 waren zum Landgericht Weidenberg die Gemeinden Fichtelberg, Oberwarmensteinach, Lienlas, Reislas, Kirchenpingarten, Kirchenlaibach und Tressau aus dem vormals oberpfälzischen Amt Kemnath gekommen. Auf die Vergangenheit dieses Gebietes im Ostteil des Landkreises unter wittelsbachischer Herrschaft bezieht sich das Schildhaupt mit den bayerischen Rauten.

Wappen des Landkreises Tirschenreuth

Das Wappen wurde 1974 neu geschaffen. Der goldene Löwe auf schwarzem Grund weist auf die rheinpfälzischen Kurfürsten hin und auf das ihnen gehörende Land in Bayern, die Oberpfalz. Das Gebiet des ehemaligen Stiftlandes um Waldsassen wird daneben durch den roten Drachen(rumpf) symbolisiert, der in verminderter Form aus dem Wappen der Zisterzienserabtei Waldsassen entnommen ist. Auf die ältere Geschichte des Kemnather Gebietsteiles in vorwittelsbachischer Zeit deutet der blaue Balken aus dem Wappen der Landgrafen von Leuchtenberg hin, die einst das Kemnather „Lehenamt auf dem Gebirg“ errichtet hatten.

Literatur:
Regierung der Oberpfalz:Oberpfälzer Wappenbuch
Unser Landkreis Bayreuth (1988)
Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge (1992)

Fotos:
Digitales Bildarchiv Dietmar Herrmann, Hofer Str. 36, 95632 Wunsiedel

 

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