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Deutsche und Tschechen

Gedanken von Dietmar Herrmann

Deutsche und Tschechen leben seit Jahrhunderten räumlich und politisch in enger schicksalhafter Verbindung miteinander und werden durch die Integrierung in das vereinte Europa in Zukunft noch stärker mit einander verbunden sein. Das Neben- und Miteinander verlief über Jahrhunderte hinweg friedlich, bis vor etwa 150 Jahren das Miteinander in ein Gegeneinander umschlug, weil ein Bazillus namens „Nationalismus“ beide Staatsvölker befiel. Aber es kam später noch schlimmer: 1918 – 1938 – 1945.

Die Vertreibung der seit Jahrhunderten ansässigen Deutschen aus der Tschechischen Republik bzw. aus Böhmen und ein halbes Jahrhundert Kommunismus ließen einen gegenseitigen Dialog nicht aufkommen. Sachliche und politisch unvoreingenommene Diskussionen waren leider nicht möglich. Beide Seiten sind nun aufgefordert, die allseits geschehenen Unrechtsbelastungen historisch aufzuarbeiten, sonst kann es keine gemeinsame Zukunft geben.

Es ist festzustellen, dass es auf tschechischer und deutscher Seite diesbezüglich noch viel zu tun gibt. Wenn hier die Politik nichts zustande bringen sollte, müsste auf privater Ebene der Kontakt für ein gemeinsames Miteinander verstärkt gesucht werden. Dies sollte aber durch uns Deutsche nicht nur durch einen Tankstellentourismus oder durch einen billigen Wareneinkauf geschehen. Die Schulbücher in Tschechien bedürfen einer dringenden Korrektur, was den geschichtlichen Inhalt betrifft, wurde von tschechischen Studenten festgestellt.

Der Fichtelgebirgsverein trägt seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ wesentlich zu einer deutsch-tschechischen Verständigung bei. FGV-Ortsvereine unternehmen „grenzüberschreitende“ Wanderungen oder Radtouren, veranstalten Ausflugs- und Besichtigungsfahrten zu den interessanten Sehenswürdigkeiten des Nachbarlandes. Der FGV-Hauptverein unterhält mittlerweile gute Kontakte zum Klub Tschechischer Touristen (KCT), der ähnliche Aufgaben wahrnimmt wie unser Heimatverein. In guter Erinnerung ist das Wandertreffen 2012 an der Egerquelle, unserem gemeinsamen Fluss. An unseren Jean-Paul-Wanderungen 2013 haben tschechische Wanderfreunde teilgenommen und waren sehr angetan von unserer Gastfreundschaft. Wir wollen auch weiterhin „Zeichen setzen“ für eine zukunftsorientierte Zusammenarbeit.


Der Flusslauf Eger verbindet Deutschland und Tschechien. Am 29. Mai 2011 trafen sich Wanderer aus Deutschland und Tschechien an der Egerquelle im Fichtelgebirge.




Tschechen und Deutsche feiern gemeinsam an der Egerquelle

Die Eger, die im Fichtelgebirge bei Weißenstadt entspringt, durchfließt eine vielfältige völkerverbindende Kulturlandschaft. Durch die vorhandenen Radwege und Wanderwege, die von den deutschen Kommunen, vom Fichtelgebirgsverein sowie vom Klub Tschechischer Touristen geschaffen wurden, besteht bereits eine enge Zusammenarbeit und ein interessantes Angebot, das erweitert werden soll. In dem tschechischen Verband der Gemeinden zwischen Leitmeritz und Karlsbad sowie dem Landkreis Wunsiedel wird derzeit ein grenzüberschreitender Egerradweg von der Quelle bis zur Mündung in Litoměřice (Leitmeritz) geplant. Der Tourismusverband Nieder-Egertal mit Sitz in Saaß/CZ organisiert eine Veranstaltungsreihe wegen der Erstnennung des Egerflusses vor 1210 Jahren.

Der Flussname Eger wird erstmalig im Jahr 805 im Chronicon Moissiancense als „Agara“ genannt. Die Chronik ist eine mittelalterliche Handschrift in lateinischer Sprache, in der nach Jahren geordnet Ereignisse aus dem Fränkischen Reich niedergeschrieben wurden. Als weitere frühe Belege für den Flussnamen führen Sprachwissenschaftler die Formen 1165 „aqua Egre, Oegre“ an. Der älteste bekannte Beleg, der sich eindeutig auf den Namen des Flusses Eger im Bereich des hochmittelalterlichen Egerlandes bezieht, ist 1348 „z dem Staine an der Eger“. Der mit dem Flussnamen identische Ortsname Eger wird erstmals in einer im Original vorliegenden Urkunde Heinrichs IV. aus dem Jahr 1061 als „Egire“ erwähnt. Der Name soll prägermanischer Herkunft sein und zur indogermanischen Wurzel gehören und so viel wie „treiben, in Bewegung setzen“ bedeuten. Die tschechische Namensform lautet heute „Ohře“.

Die erste Veranstaltung findet am 18. April 2015 um 13.30 Uhr an der Egerquelle bei Weißenstadt statt, wo eine Quellen-Segnung gehalten wird. Am 27. Juni 2015 findet die Hauptfeier in Kadaň (Kaaden) mit einem Mittelaltermarkt statt und am 24. Oktober 2015 trifft man sich in Litoměřice zur Schlussveranstaltung.

Dietmar Herrmann




Weihe der Egerquelle mit zahlreichen Gästen aus der Tschechischen Republik 18. April 2015




Für viele Bewohner des Egertals auf tschechischer Seite hat die Egerquelle eine Art mystische Bedeutung, auch weil sie so lange unerreichbar war. Geistliche beider Länder haben die Quelle am 18. April 2015 gesegnet und dies in einen Zusammenhang mit der deutsch-tschechischen Nachbarschaft gestellt, weil der Fluss beider Länder verbindet. Für den Fichtelgebirgsverein haben Heinrich Henniger und stellv. Hauptvorsitzender Jörg Nürnberger auf tschechisch gesprochen.

Das Fichtelgebirge ist ein Teil vom Dach Europas, in dem vier Flüsse entspringen, die von hier aus in alle vier Himmelsrichtungen fließen: die Saale, die nördlich von hier entspringt und in die Elbe mündet, der Main, der nach Westen fließt, bei Wiesbaden in den Rhein und in die Nordsee mündet, die Fichtelnaab, die nach Süden in die Donau und ins Schwarze Meer fließt, und die Eger, an deren Quelle wir heute stehen, die in östlicher Richtung nach Tschechien fließt und bei Leitmeritz in die Elbe und damit ebenfalls in die Nordsee mündet. Sie begehen heute an der Egerquelle eine besondere Feier: vor 1210 Jahren, im Jahr 805 wurde der Flussname Eger in einer mittelalterlichen Handschrift in lateinischer Sprache als „Agara“ erstmals benannt, in der Zeit, als das Reich Karls des Großen in voller Blüte stand. Die Eger, die hier entspringt, durchfließt eine vielfältige, völkerverbindende Kulturlandschaft. Im Tourismusverband Saaz, der das Untere Egertal betreut, sind die Gemeinden von Leitmeritz bis zur Karlsbader Bezirksgrenze zusammengeschlossen. Zusammen mit dem Bezirk Karlsbad sind sie Partner des Landkreises Wunsiedel, um auch einen grenzüberschreitenden Egerradweg von der Quelle bis zur Mündung zu gestalten.

Zusätzlich werden der Fichtelgebirgsverein und der Klub Tschechischer Touristen einen binationalen Wanderweg von der Quelle bis zur Mündung ausbauen, der auch an den schon bestehenden Mainwanderweg, der von der Weißmainquelle bei Bischofsgrün bis nach Wiesbaden zur Mündung des Mains in den Rhein führt, anschließen kann.


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