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Der Reichsforst im Fichtelgebirge
Von Dietmar Herrmann

Topografie

Der Reichsforst ist ein ausgedehntes Waldgebiet im Südosten des Fichtelgebirges in den Landkreisen Tirschenreuth und Wunsiedel (Nordostbayern), zwischen der Wondreb- und Röslausenke. Es ist zugleich mit 26 qkm das größte zusammenhängende Basaltgebiet des Fichtelgebirges. Begrenzt wird der Landschaftsraum des Reichsforstes im Osten von dem Bachlauf Feisnitz, die das Gebiet zum Kohlwald abgrenzt. Im Westen ist es die Senke von Pechbrunn-Groschlattengrün mit der Autobahn A 93 Hof-Regensburg. Nennenswerte Vulkanruinen auf dem Reichsforst sind (von Ost nach West benannt): Elmberg 618 m ü.NN, Finkenberg 607 m ü.NN, Preisberg 636 m ü.NN, Ruhberg 692 m ü.NN, Hirschentanz 644 m ü.NN, Steinhügel 677 m ü.NN, Steinberg 705 m ü.NN, Wappenstein 672 m ü.NN.

Was wir heute als Reichsforst bezeichnen, ist nur der Rest eines weit größeren Waldgebietes, das Königsforst war und die Wälder von Selb, Marktleuthen, Liebenstein, Altkinsberg, Arzberg, Seußen, Brand und Wölsau umfasste.

Mit der Verwaltung des Forstes („erbliches Forstmeisteramt“) betraute König Albrecht den aus der Egerländer Ministerialität stammenden Albrecht VI. Nothaft, was wahrscheinlich im Jahr 1306 erfolgte. 1310 übergab König Heinrich der VII. der Familie Nothaft die Aufsicht über den Reichsforst. Später gingen Teile des Reichslehens an adelige Herrschaften über und auch die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth erwarben Teile des genannten Waldgebietes. Auch das Stift Waldsassen erhielt Waldgebiete aus dem Reichswald. Die Waldungen des Reichsforstes gehören heute überwiegend dem Bayerischen Staat, zuständig ist der Forstbetrieb Waldassen.
Vom Fichtelgebirgsverein markierte Wanderwege führen von folgenden Orten aus zu den Basalterhebungen: Stadt Marktredwitz, Brand bei Marktredwitz, Wanderparkplatz Feisnitzstausee (Stadt Arzberg), Markt Konnersreuth, Großbüchlberg (Stadt Mitterteich).

Geologie und Botanik

Basalt steht im Reichsforst an. Es ist ein tertiäres Eruptivgestein, das zu einer Vulkanzone gehört, die von der Tschechischen Republik von den Orten Karlsbad-Eger nach Nordostbayern hereinreicht. Die weltweite Alpenauffaltung löste auch in der vorgenannten Gegend tektonische Bewegungen aus und im Gestein brachen viele Spalten und Klüfte ein. Aus dem Erdinnern drang glutflüssige Magma hoch und in die Bruchstellen ein (Basaltvulkanismus). Auf dem Weg nach oben erstarrte der Schmelzfluss zu basaltischen Gängen, wobei sich oft prächtige Säulenbildungen einstellten. In den folgenden Jahrmillionen wurden die Deckschichten durch Erosionen abgetragen und so die härteren Basaltbildungen freigelegt, die nun in der Landschaft als Lavadecken (=Reichsforst) oder Kegelberge hervortreten. Am Südhang des Wappensteines, am Silberrangen, findet man Basalttuff.
Große Bedeutung hat die Basaltflora, denn Mineralreichtum (hoher Kalkgehalt) und eine hohe Wärmekapazität des Bodens sind Gründe für die Artenvielfalt. Die Gipfelbereiche werden von einem lichten Laubmischwald eingenommen. Außergewöhnlich vielfältig sind Strauchschicht, Kraut-Gras-Schicht und 32 seltene Pflanzen. Der Gipfelbereich des Ruhberges wurde deshalb am 30. März 2001 durch Beschluss der Regierung von Oberfranken unter Naturschutz gestellt, der Gipfel des Wappensteins hat den Schutzstatus Naturdenkmal.

Siedlungsspuren und Altstraßen

An der Nordwestflanke des Steinberges im Reichsforst, in der Flur Ruhstatt nahe der Regierungsbezirksgrenze, wurde im Herbst 1960 zufällig von einem Haingrüner Landwirt ein jungsteinzeitlicher Siedlungsplatz entdeckt. Die Stelle liegt auf einer großen Waldwiese, dreiseitig von Wald umgeben. Bei einer Nachsuche wurde
neolithische Keramik gefunden. Als nichtkeramische Funde kamen Artefakte aus Chalzedon und Jaspiz zu Tage sowie mittelalterliche Fundgegenstände. Ein rekonstruiertes Tongefäß ist im Fichtelgebirgsmuseum in Wunsiedel ausgestellt.
Von einem sehr alten  Verkehrsweg wird noch berichtet, der aus dem fränkischen Raum kam, sich über den Reichsforst zog und nach Eger führte.

Territoriale Zugehörigkeit

Durch den Reichsforst verläuft heute die Grenze der bayerischen Regierungsbezirke Oberfranken/Oberpfalz. Diese „Grenze“ gilt seit dem Jahr 1810, das Basaltgebirge war aber schon Jahrhunderte vorher eine Art „Grenzgebirge“.
Eine erste Abgrenzung zwischen zwei Herrschaftsgebieten erfahren wir aus dem Jahr 1362. Südlich des Reichsforstes hatte sich ab 1133 das Stiftland Waldassen gebildet, das zumindest bis 1571 eine politisch eigenständige Landeshoheit besaß. Der Reichsforst war die nördliche Grenze des Stiftlandes.
Nördlich des Reichsforstes hatten die hohenzollerischen Burggrafen von Nürnberg ab 1285 damit begonnen, Gebietsteile zu erwerben.
Eine feste Abgrenzung des Stiftlandes im Reichsforst wird kundbar, als im Auftrag des Kaisers durch den egrischen Landrichter Bohuslaw von Schwanberg im Jahr 1362 eine Rainung gegenüber dem Reichforst vorgenommen wurde und der Grenzverlauf von Reutlas (heute Ortsteil der Stadt Marktredwitz) ausgehend bis Forchheim (abgegangene Siedlung 2 km westlich von Pechtnersreuth) durch einen Graben festgelegt wurde. Diese Grenze sollte in den nachfolgenden Jahrhunderten beim Fürstentum Obere Pfalz, Kurbayern und Königreich Bayern ihre Gültigkeit behalten, wenn es auch sehr häufig mit den benachbarten Markgrafen zu Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth zu „Irrungen“ und manchen Grenzstreitigkeiten kam. Die letzte Grenzfestlegung erfolgte im Jahr 1803, als hier die preußische Provinz Bayreuth an das Königreich Bayern angrenzte und die auch heute noch bekannten „Preußensteine“ gemeinsam gesetzt wurden. 1810 erledigten sich alle „Grenzformalitäten“, als die preußische Provinz nach französischer Besetzung zum Königreich Bayern kam.

Der Wappenstein

Neben den Preußensteinen, die teilweise noch vorhanden sind, ist es der Wappenstein, der an die Markierung der einstigen Landesgrenze erinnert. Er liegt etwa 1 km Luftlinie von Groschlattengrün (Gemeinde Pechbrunn, Ldkr. Tirschenreuth) entfernt auf einem kleinen Basaltkegel. Man erreicht die Anhöhe von Groschlattengrün aus auf einem markierten Wanderweg (weißes Feld, blauer Querstrich) nach etwa 1,6 km Wanderstrecke.
Auf der Ostseite des Felsens sehen wir das Wappen der Hohenzollern. Größe 27 cm x 27 cm. Auf der Westseite das damals übliche Kreuz. Wann die Markierung angebracht wurde, ist bisher nicht bekannt. Den ersten schriftlichen Hinweis über den Wappenstein erhalten wir im Landbuch der Sechsämter von 1499. Dort steht bei der Beschreibung des Reichsforstes, dass dieser „ein gros holtz bey zweien meiln lanng unnd einer meil prait“ ist. Bei der Grenzbeschreibung lesen wir: „..und vom Atterbrunlein unterm perg hinauff ann fels, das mit der herschaft wapen weis und schwarz geviertet verzeichent ist...“. Auch in späteren Grenzbeschreibungen finden wir dann Hinweise auf das Wappen.
Die Grenze verlief damals genau über die Anhöhen des Reichsforstes, die heutige Regierungsbezirksgrenze zwischen Oberpfalz und Oberfranken verläuft nördlich des Wappensteins, dieser befindet sich nun auf oberpfälzer Gebiet. Bei dieser Grenze stoßen auch die Landkreise Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Tirschenreuth aneinander.

Wirtschaftliche Nutzungen

Die Wälder des Reichsforstes lieferten Holz und dienten der Schafweide. Wie aus dem Landbuch der Sechsämter hervorgeht, waren Forstknechte angestellt, die über Recht und Ordnung wachen mussten.
Am Nordhang des Steinberges, bei Haingrün (Ortsteil der Stadt Marktredwitz), gab es im 19. Jahrhundert Gruben, in denen Kaolin für die Porzellanfirma C.M. Hutschenreuther abgebaut wurde. Rund um den Reichsforst befanden sich eine Reihe von Basaltbrüchen, in denen hochwertiges Material gefördert wurde. (z.B. Bruch Weidersberg).

Literatur

· Heimat Landkreis Tirschenreuth, Heft 16/2004 S. 92
· Herrmann, Dietmar: Lexikon Fichtelgebirge (2000), einzelne Stichworte
· Leutheußer, Bernhard: Marktredwitz im Industriezeitalter, S. 38, 47
· Müller, Friedrich: Bayerns steinreiche Ecke, S. 226 f
· Nölp, Georg: Eine geologisch-botanische Wanderung zum Ruhberg bei Seußen; in: Der Siebenstern 1928, S. 56
· Siegl, K.: Geschichte des Reichsforstes im alten Egerland; in: Egerer Jahrbuch 59 (1926), S. 37 f.
· Singer, Friedrich Wilhelm:
- Landbuch der Sechsämter von 1499
- Jungsteinzeitliche Siedlungsfunde am Fichtelgebirgs-Südrand; in: Sechsämterland 25.2.1961 Nr. 2, 23.3.1961 Nr. 3, 11.5.1963 Nr. 4, 25.5.1963 Nr. 5
· Stark, Harald: Die adeligen Forstmeister im Egerer Reichsforst; in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 1997, S. 207 f
· Sturm, Heribert: Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 21 Tirschenreuth
· Vollrath, Heinrich: Die Pflanzenwelt des Fichtelgebirges und benachbarter Landschaften in geobotanischer Schau; in: Bericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth, Band IX (Sonderdruck 1957)

Karten

Bayerisches Landesvermessungsamt:
UK 50-13 Naturpark Fichtelgebirge/Steinwald östlicher Teil, Maßstab 1:50.000

Weblinks

http://www.bayern-fichtelgebirge.de
http://www.regierung.oberfranken.bayern.de/nsg/
http://www.abtei-waldsassen.de
http://www.notthafft.de

 

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