Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge |
Stadt Schönwald – Ortsteil
Reichenbach |
Steinkreuz |
1. Lage
Landkreis: Wunsiedel i. F.
Gemeinde: Schönwald-Reichenbach
Ort: Das Steinkreuz steht am östlichen Ortsausgang
links an der Straße nach Lauterbach.
Objekt-Bezeichnung: Steinkreuz
2. Beschreibung
Das Steinkreuz ist stark beschädigt. Der Querbalken
war abgebrochen und lange Zeit am Boden liegend. Inzwischen
wurde das Kreuz wieder notdürftig zusammengesetzt.
Der Standort ist identisch mit dem ehemaligen Reichenbacher
Kirchenweg nach Asch, der hier von der Straße
abzweigt. Früher war der Ort (erste Erwähnung
1372) teils nach Asch, teils nach Selb eingepfarrt.
(nach Schmeissner)
Überlieferung: „Im Egerer Achtbuch
finden wir 1377 eine Eintragung, die von einer „Aechtung
des Cuentzel von Reichenbanch, des alten Otten Ennikel“
handelt. Es lässt sich jedoch nicht feststellen,
ob diese Ächtung mit dem Steinkreuz in Verbindung
gebracht werden kann.
Der Sage nach soll an dieser Stelle ein Müllersbursche
namens Lupper nach einem Kirchweihtanz von einem eifersüchtigen
Bauernburschen nach heftigem Wortwechsel auf der oberen
Brücke erschlagen worden sein.
Eine andere Überlieferung spricht von zwei Müllergesellen,
die sich unter ähnlichen Um-ständen umgebracht
haben sollen. Wie es nun im Volksmund weiter heißt,
sollen die Reichenbacher seit dieser Zeit keine eigene
Kirchweih mehr feiern. Jeder Bauer begeht die Kirchweih
in einem anderen Dorf der nächsten Umgebung. Noch
heute spricht man davon, dass „unter dem steinernen
Kreuz die Reichenbacher Kirchweih begraben liege“. Die
richtige Deutung scheint jedoch dahingehend zu sein,
dass Reichenbach als ein
es der „Vierdörfer“ in früheren
Zeiten teils – wie schon vorher erwähnt – nach
Asch mit 8 Häusern und teils nach Selb (mit 7 Häusern)
eingepfarrt war. Deshalb schlossen die Bauern, je nachdem,
wohin sie eingepfarrt waren, sich den örtlichen
Kirchweihen an (Schmeissner nach Bucka, Zeh, Trukenbrod,
Rieß)“.
Dazu ist folgender Aufsatz erschienen
in: „Zwischen Eger und Regnitz“, Sagen und Geschichten
aus dem Gebiet Rehau–Selb, 1963, herausgegeben von der
AG für HK im Schulamtsbezirk Rehau:
Die Reichenbacher „Kirwa“
Dörfer ohne einen Wirtshaussaal halten heute ihren
Kirchweihtanz im Nachbardorf, denn was spielen schon
drei Kilometer Entfernung im Zeitalter des Autos für
eine Rolle. So hält es seit einigen Jahren schon
der Ort Lauterbach. Der Kirchweihtanz findet in Erkersreuth
oder in Wildenau statt. Früher, als man alles auf
Schusters Rappen zurücklegen musste, war das anders.
Meist fehlte auch damals in manchem Dorf der geeignete
Tanzsaal. Aber deswegen verzichtete man noch lange nicht
auf den Kirwatanz. In Ermangelung eines geeigneteren
Raumes hielt man den Kirwatanz kurzweg auf einem Scheunenboden
ab. So pflegte man es vor langer Zeit auch in Reichenbach.
Da das Einräumen der Scheune für den Tanz
mit allerlei Arbeit verbunden war, wechselte man mit
der Bereitstellung des Scheunenbodens von Jahr zu Jahr
ab.
So war wieder einmal die obere Mühle
in Reichenbach an der Reihe. Die Dorfjugend freute sich
darüber, denn dort stand der größte
Scheunenboden des Dorfes zur Verfügung und das
hieß, dass man auch die „Boum“ und „Maidl“ von
den Nachbardörfern einladen konnte. So hatte man
schon Wochen vor der Kirwa, sie fand immer am 4. Sonntag
im Oktober statt, nach Schönlind, Neuhausen, Lauterbach,
Wildenau und Plößberg Einladungen ergehen
lassen. Viele hatten schon zugesagt und auch drei Musikanten
aus dem „Böhmischen“ hatten die Kirwamusik übernommen.
Kurz und gut, alles sprach dafür, dass die Reichenbacher
wieder eine zünftige Kirwa abhalten würden.
Ein Reichenbacher Bursch war die Tage vor der Kirwa
schon recht aufgeregt und nervös. Er hatte nämlich
ein Mädchen aus dem Nachbardorf Lauterbach eingeladen.
Sie hatte nicht zugesagt, aber auch nicht abgesagt.
So hoffte er immer noch, dass sie am „Kirwa-Sunnte“
kam. Als am Nachmittag gegen vier Uhr die Musikanten
durch das Dorf zur Mühle zogen
und sich die ganze Jugend sogleich
in einem langen Zuge anschloss, war der Reichenbacher
Bauernbursch sehr enttäuscht. Vergebens hatte er
nach seinem Mädchen Ausschau gehalten. Missmutig
schloss er sich schließlich dem Zuge an und suchte
sich ein entlegenes Plätzchen an einem Tisch in
der Ecke gegenüber der Kapelle. Zum Tanzen hatte
er keine rechte Lust. Um so mehr sprach er dafür
dem Biere zu.
Da, sah er recht oder hatte er schon zu viel getrunken?
Der Bauernbursch wischte sich über die Augen. Nein,
er täuschte sich nicht! Sein Mädchen aus Lauterbach
stand wirklich vorne bei den Musikanten und schaute
suchend auf die Tanzenden. Der Bauernbursch eilte so
schnell es seine schwankenden Beine erlaubten zu dem
Mädchen. Er kam gerade noch dem Müllerburschen
Lupper zuvor, der gerade das hübsche Mädchen
zum Tanzen auffordern wollte. Nun tanzte das Mädchen
also mit dem Bauernburschen. Seinetwegen war sie ja
auch gekommen. Doch das Mädchen merkte gleich,
dass ihr Tänzer schon ein bisschen tief ins Bierglas
geschaut hatte und konnte sich über ihren betrunkenen
Tänzer nicht recht freuen. Schon bereute sie, dass
sie überhaupt gekommen war. Aber so schnell wollte
sie sich ihre frohe Stimmung auch wieder nicht verderben
lassen. Als beim nächsten Tanz der Müllerbursch
noch einmal sein Glück versuchte, bekam er deshalb
keinen Korb von dem Mädchen. Sie tanzte nur noch
mit dem Müllerburschen Lupper.
Darüber war der Bauernbursch sehr verärgert.
Er zog sich wieder an den Tisch in der Ecke zurück
und suchte Trost beim Biere. Immer wieder warf er wütende
Blicke auf die beiden Tanzenden, wenn sie in seiner
Nähe vorbeitanzten. Die beiden schienen sich schon
recht gut zu verstehen. Sie beachteten den Bauernburschen
gar nicht mehr. Doch dieser hatte sich bald in die schrecklichsten
Rachepläne gegen den Müllerburschen und das
Mädchen verstrickt.
Als es auf Mitternacht zuging, verließ er den
Tanzboden. Auf dem Hofe der Mühle suchte er sich
einen starken Knüppel und versteckte sich hinter
einem Strauch am Ortsausgang Richtung Lauterbach, dort,
wo der Weg über den Mühlgraben führte.
Er musste nicht lange warten, da näherte sich scherzend
ein Paar. Es war Lupper, der das Mädchen nach Lauterbach
begleiten wollte. Als sie gerade vor dem Strauch waren,
sprang der Bauernbursch hervor und schlug in wilder
Wut auf den Müllerburschen ein. Er kam erst wieder
zu sich, als der Müllerbursch regungslos am Boden
lag ... Tot! ...
An diese schreckliche Tat erinnert das Steinkreuz, das
am Ortsausgang von Reichenbach steht.
Die Reichenbacher feierten nach diesem furchtbaren Ereignis
lange Zeit überhaupt keine Kirchweih mehr, nachdem
ihnen das Abhalten eines Kirwatanzes nach diesem Mordfall
verboten worden war. Erst nach und nach begannen einzelne
Höfe mit anderen Dörfern zusammen wieder Kirchweih
zu halten. Zu einer gemeinsamen Kirchweih ist es selbst
heute noch nicht wieder gekommen, sodass man mit Recht
sagt: „Unter dem Steinkreuz liegt di
e Reichenbacher Kirwa begraben“.
(nach: Dr. Ludwig Rieß, Selber Heimatbuch)
3. Maße / Material
88 : 98 : 15 cm / Granit
4. Literatur/Quellenangabe
Schmeissner, Rainer H.: Steinkreuze im Sechsämterland,
in: Beiträge zur Geschichts- und Landeskunde des
Fichtelgebirges 2 (1980).
Döberlein, Christian: Steindenkmäler im Landkreis
Rehau, Rehau 1965.
Trukenbrod, Georg: Steinkreuze im Bezirksamte Rehau,
in: Der Siebenstern 10/1937.
Rieß, Dr. Ludwig: Selber Heimatbuch.
Herrmann, Dietmar: Lexikon Fichtelgebirge, Ackermann-Verlag
Hof, 2000
5. Erfasser
Paul Basler
Zeppelinstraße 16a, 95126 Schwarzenbach/S
Telefon /E-Mail 09284/8723 PaulBasler@web.de |