Lage:
Im Tal des Bachlaufs Lamitz bei der
Einöde Neuenhammer.
Geheimnisvolles
Steinkreuz im Tal des Lamitzbaches
Dietmar Herrmann
Bei Wanderungen durch das Fichtelgebirge treffen wir
öfters auf so genannte Flurdenkmäler. Dies
können historische Verkehrsmale, geografische oder
religiöse Flur- oder Rechtsdenkmäler aber
auch moderne Kleindenkmäler sein. Besonders die
Steinkreuze oder Kreuzsteine sind stumme Zeugen der
Vergangenheit, um die sich oft Sagen und Legenden ranken;
sie sind ein Teil unserer Kulturgeschichte. Nur selten
geben Gerichtsakten oder Urkunden Auskunft darüber,
wann und warum der Stein gesetzt wurde. Im Tal der Lamitz,
bei der Einöde Neuenhammer, steht in einer Buschgruppe
nahe des Bachlaufs ein solches Steinkreuz, von dem bisher
nicht bekannt ist, wer es gesetzt hat und aus welchem
Grund es dort aufgestellt wurde. Der Standort des alten
Steinkreuzes ist ein idyllischer und zugleich geheimnisvoller
Ort, ein Besuch lohnt sich.
Ortsgeschichte Neuenhammer
Den Neuenhammer erreicht man von
der Straße Niederlamitz nach Schwarzenbach/Saale
aus. Nach dem Hotel Fahrenbühl und nach Überquerung
der Bahnstrecke zweigt rechts ein Sträßchen
ab, bei einem kleinen Wanderparkplatz kann man sein
Fahrzeug abstellen. Der Feldweg führt ins Tal der
Lamitz und nach Überschreitung des Baches geht
es links zur Buschgruppe inmitten der Talaue.
Die Einöde Neuenhammer soll im 14. und 15. Jahrhundert
Wohnstätte der Herren von Hirschberger gewesen
sein, das einst in dieser Gegend ein reich begütertes
Adelsgeschlecht war und dem weite Teile der Kornberg-Waldungen
gehörte. Seit Bildung der bayerischen Ruralgemeinden
im Jahr 1818 gehörte Neuenhammer zur Gemeinde Dörflas,
kam 1857 zum Landkreis Wunsiedel und seit der Gebietsreform
ab 1. Januar 1978 zur Stadt Kirchenlamitz. Das Gebäude
in unmittelbarer Nähe des Lamitzbaches wird als
Hammerwerk im 15. Jahrhundert erwähnt. Bei diesem
idyllischen Talabschnitt der Lamitz handelt es sich
nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz um ein Landschaftsschutzgebiet,
im Bachlauf gab es früher Perlmuscheln.
Das Steinkreuz
Über das Steinkreuz selbst ist
nur sehr wenig bekannt. Sagen und Legenden sind nicht
überliefert, wie der bekannte Steinkreuzforscher
Rainer Schmeissner aus Regensburg festgestellt hat.
Die Kreuzform ist nur noch leidlich erkennbar, Arme,
das Kopfteil und Schaftstück sind arg beschädigt,
wobei mutwillige Gewaltanwendung nicht auszuschließen
ist. Beiderseits des Granitsteines sind auf der unregelmäßigen
Oberfläche große lateinische Kreuze eingemeißelt,
die allem Anschein nach erst später angefertigt
wurden. Das etwa 90 cm hohe Steinkreuz könnte im
frühen 16. Jahrhundert aufgestellt worden sein,
schreibt Schmeissner in der Broschüre „Beiträge
zur Geschichts- und Landeskunde des Fichtelgebirges“.
Nicht auszuschließen ist, dass es sich hier um
ein Sühnekreuz handelt, was allerdings durch Gerichtsakten
bisher nicht nachweisbar ist. Hat hier einst ein dramatisches
Ereignis stattgefunden, wie an anderen Orten des Fichtelgebirges,
wo Steinkreuze zur Sühne für einen Mord aufgestellt
werden mussten?
Altstraßensituation
Betrachten wir den zunächst
unscheinbar anmutenden Standort des Steinkreuzes in
der Bach-, Wiesen- und Waldlandschaft am Fuße
des Großen Waldsteins. Beim Studium der Literatur
erfährt man, dass Steinkreuze an Straßen
und Wegen aufgestellt wurden, also da, wo Menschen vorbei
kamen. Bei dem Steinkreuz im Lamitztal lief tatsächlich
eine sehr alte Heer- und Handelsstraße vorbei,
die aus dem mitteldeutschen Raum kam, durchs Fichtelgebirge
führte und in den bayerischen Raum weiterging,
weiß Heimatforscher Werner Bergmann in der Chronik
der ehemaligen Gemeinde Niederlamitz zu berichten. Die
Einsattelung zwischen Großem und Kleinem Kornberg,
wo der Lamitzbach die Fichtelgebirgsumwallung durchbricht,
hieß „Schiedapass“ und ist eine uralte Grenzscheide,
die bereits existierte, bevor es das Regnitzland und
Sechsämterland gab. In karolingischer Zeit soll
hier ein Straßenposten bestanden haben, besetzt
mit sogenannten „Fahrmannen“, die Königsleute waren.
Der Ort Fahrenbühl könnte davon seinen Namen
haben. Die Bezeichnung „Schiedapass“ gibt es heute noch
für die Staatsstraße 2177, die von Kirchenlamitz
nach Schwarzenbach/Saale führt. Die alte Straße
in der „Schiedasenke“ beim alten Steinkreuz ist in der
Bevölkerung längst in Vergessenheit geraten,
in der Landschaft an alten Hohlwegen aber noch feststellbar.
Literatur:
Schmeissner, Rainer H.:
Steinkreuze im Sechsämterland. Beiträge zur
Geschichts- und Landeskunde des Fichtelgebirges, Heft.
Nr. 2/1980, S. 21
Stadt Kirchenlamitz (Hrg)
600 Jahre Niederlamitz. S. 73
Bergmann, Werner:
Dörflas bei Kirchenlamitz (2003)
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